REPLAYS2 :: VON BERND MATHE JA

Uriah Heep, Atomic Rooster und Barclay James Harvest – keine englische Frühsiebziger-Combo hat heftiger auf die Glocke bekommen als diese drei. BJH erhielten obendrein noch das Prädikat „Moodies für Arme“. Und die MOODY BLUES selbst? Auch für sie gab’s reichlich in die Weichteile. Da half es auch nichts, daß sie sechs aufeinanderfolgende LPs in die UK-Tbp 5, und zwei davon auf Platz 1, hievten (mal nachschlagen, wem das sonst noch gelungen ist!). Justin Hayward, John Lodge, Mike Pinder, Ray Thomas und Graeme Edge waren so etwas wie die Tremeloes oder Bernd Clüvers des erigierenden Progressive Rock. So richtig böse mochte man ihnen eigentlich nie sein, konnte doch mit Song-Texten um Menschwerdung und Mondflug, mit Fragen nach dem Sinn von gottweißwas ein gerüttelt Maß Eindruck bei den Mädels geschunden werden. Was ist geblieben? Wirklich hochappetitliche Hits wie der Samenzieher „Nights In White Satin“, „Question“, „The Story In Your Eyes“, „Ride My See-Saw“ und andere. Dazu exzellente LP-Tracks wie „Gypsy“, „Visions Of Paradise“, „The Actor“ (siehe, es summiert sich), die Spaciges & Spaßiges, Melancholie & Verklärung wohlig versuppten. Im endlich erstklassig restaurierten Sound sind – jeweils mit Band-Interview im Booklet – die LPs von 1967 bis 1972 neu erschienen: „Days Of Future Passed“ (Deram 844 767; 2,5 ), „In Search Of The Lost Chord“ (844 768; 4,0 ), „On The Threshold Of A Dream“, „To Our Children’s Children’s Children“ (844770; 4,0 ), „A Question Of Balance“ (844 771; 3,0 ), „Every Good Boy Deserves Favour“ (844 772; 3,0 ), „Seventh Sojourn“ (844 773; 2,0 ). Bonus-Tracks: Zwar wieder Fehlanzeige, aber das schnallen die Briten in diesem Leben wohl ohnehin nicht mehr.

Schon zweimal pfiff Miss ELKIE BROOKS, die große Dame des UK-Gesangs, auf Neu wäre: Erst verbriet sie vorzüglichst auf „Round Midnight“Sc gefühligsten Schieber der Welt, dann ging’s an die Zwölftakter: JSothing But The Blues“ (Castle ESMCD102/ Edel) ist jetzt im deutschen Programm gelandet. Brooks, Britanniens Beste zwischen Maggie Bell und Shirley Bassey, hat 16 persönliche Favoriten eingespielt und diese so produziert, wie sie’s für angebracht hielt: Sie erniedrigt ihren Spitzen-Gesang dabei nicht zu schnöden Vorbereitung irgendwelcher Soli – die gibt’s folglich in aufdringlicher Form so gut wie gar nicht. Nur das Gesamtarrangement zählt, das den Song als solchen würdigt und ihn per Top-Stimme mit dem Sahneklecks versieht. Klassisches Blues-Material („I’d Rather Go Bund“, „Baby, What You Want Me To Do“, „Please, Send Me Someone To Love“, „Bad, Bad Whiskey“), das in den richtigen Händen und im passenden Hals gelandet ist: 4,0 Keine Frage, sie sind vergessen. Oder erinnert sich noch jemand an Brian Parker, Norman Stracey, John Rodgers und Norman Sheffield? Eben. Als THE HUNTERS zählten sie zu den gefragtesten UK-Kapellen der instrumentalen Prä-Beatles-Ära. Sie spielten anno 1960 in Wembley vor 10 000 das Backing für Cliff Richard, waren für Kenny Lynch, Mark Wynter, Vince Taylor und andere Helden der Steinzeit im Einsatz. Ihr Pech: Ihnen fehlte ein Hit, um etwa mit den Shadows popularitätstechnisch gleichziehen zu können. Auf „The Hunters“ (BGO-CD 325/TIS), sind ihre beiden LPs „Teen Scene“ (1961) und JHts Front The Hunters“ (1962) zusammengefaßt, per Super Bit Mapping geliftet und um zwei Zusatztitel (es geht also doch!) ergänzt worden. Alles sehr, sehr ordentlich; sehr, sehr sauber; sehr, sehr, ja was eigentlich? Auch nach 35 Jahren bestätigt es sich: Der Rausreißer fehlt, um aus einer 3,0-Veröffentlichungetwas zu machen, das diese „Jäger“ mit scharfer Munition ausgestattet hätte.

SOLOMON BURKE? Da wird ja wohl ’ne „Best Of“ reichen. Nee, lieber nicht Denn auf „Greatest Hits“ (SequelRSACD859/Contraire) überwiegt der Anteil leicht angesoßter Tracks, die den großen R&B-Hals fast unterfordern (2,5). Natürlich ist „Cry To Me“, das auch die Stones und Pretty Things (verrry Brrritish, of course) gut ins Laufen gekriegt haben, die lobenswerte Ausnahme. Sie wäre auf „If You Need Me“ (Sequel RSACD 86o; 4,0 ) in einem wesentlich verschärftem Umfeld weitaus besser untergebracht gewesen. Der Titelsong nebst weiteren Bonbons wie „You Can Make It If You Try“, „Stupidity“ und andere präsentieren den heute 61jährigen aus Philadelphia als das, was er war – als einen der intensivsten Vertreter des goldenen „Atlantic“-Zeitalters unter der Fuchtel des Produzenten Bert Berns.

„The Best Of All My Years So Far“ nennt INGA RUMPF ihren Karriere-Querschnitt der längst überfälligen Art (Repertoire/IMS 7037). Ein juristischer Eiertanz war erforderlich, um von zehn Rechte-Inhabern grünes Licht für die Doppel-CD (35 Tracks, 153 Minuten) zu bekommen. City Preachers, Atlantis, Frumpy, NDR-Bigband, Solo-Projekte – aus allen nur erdenklichen Stationen wurden Titel zusammengetragen, um die außergewöhnliche Folk-, Rock-, Blues-, Jazz- und Sonstwas-Sängerin zu würdigen. Klar, bei der Titelauswahl solcher Mega-Projekte wird es immer wieder zu geschmäcklerischen Unstimmigkeiten kommen. Darum geht es hier aber nur sehr bedingt. Was dagegen zählt, ist der gezogene Hut vor der Kreativität, der stilistischen Bandbreite, dem Können und der Intensität dieser Interpretin. Gemessen an den Legionen unterbelichteter (aber Kohle abgreifender) Hupfdohlen, ist Inga Rumpf international viel zu schlecht weggekommen. Könnte nicht vielleicht Producer Rick Rubin dem Hamburger Top-Gitarristen Rainer Baumann eine Akustische in die Hand drücken, Inga vor das Mikro pflanzen und die beiden einfach mal machen lassen? Egal, denn für diesen Doppeldecker (mit Top-Booklet!) gibt’s jedenfalls erst mal 5,0 . Weitere öffentliche Aktivitäten der Rumpf-Mannschaft werden von hier aus sehr sorgfaltig beobachtet. Passen Sie auf sich auf.

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