Richard & Linda Thompson – Shoot Out The Liqhts/Angel Delight/Babbacombe Lee/
Parallel zu dem mit superben Bonus-Tracks kommenden Frühwerk von Richard & Linda Thompson hat Island jetzt remastered ebenfalls die drei LPs wieder veröffentlicht, die Fairport Convention nach dem Weggang von Sandy Denny und Richard Thompson Anfang der Siebziger aufnahmen. Bei „Angel Delight“ (3,5) zum Männer-Quartett geschrumpft, appellierte die Band mit diesem Album auf dem Papier zumindest noch mehr an Hardcore-Folk Freaks als anderthalb Jahre zuvor mit „Liege And Lief“. Denkbar traditionellstes Liedgut waren nicht nur Songs wie etwa „The Bonny Black Hare“, sondern auch die beiden Swarbrick/ Thompson-Originale. Kurios: Bevor’s die Fans so recht merkten, hatten sie die Platte schon gekauft! Ganz sicher kein Meisterwerk, wurde „Angel Delight“ das erste und letzte Top-Ten-Album der Band.
Die folgende Platte „Babbacombe Lee“(3) wollte kaum jemand hören. Simpler Grund: Der Songzyklus über den Mörder John „Babbacombe“ Lee, den man dreimal vergeblich aufzuhängen versucht hatte, um ihn dann für die nächsten 23 Jahre hinter Gittern büßen zu lassen, enthielt halt keinerlei Ohrwürmer. Einige Songs für dieses Hörspiel über „The Man They Couldn’t Hang“ waren gar nicht mal übel.
So ziemlich der einzige Song auf „Rosie“(3), der noch an frühe Jahre gemahnte, war „The Plainsman“, ein Traditional, so kunstvoll adaptiert, wie das die Fairports mal mit Dylan-Vorlagen gemacht hatten. Bei den restlichen Aufnahmen – eine durchaus gefällige Pop-Folk-Rock-Mischung – war die Band kaum mehr wiederzuerkennen. Mit derselben Linda Peters, die man für die „Rosie“-Sessions noch als Sängerin ins Studio gebeten hatte, hob zu dem Zeitpunkt Richard Thompson zu jenem künstlerischen Höhenflug ab, an dessen Ende nach dem verflixten siebten (Ehe)Jahr mit „Shoot Out The Lights“ das Meisterwerk stand, das seither noch in so ziemlich jedem Kritiker-Poll auftauchte, wenn wieder einmal die Frage nach den 100 besten Rock-Platten aller Zeiten gestellt wurde. Von Rykodisc jetzt ganz klammheimlich (via Indigo) als Hybrid-SACD wieder veröffentlicht, kommt die vorliegende Edition mit dem berühmten Gered-Mankowitz-Foto und noch besserer cover art in der beiliegenden Broschüre, nur leider ohne den Bonus-Track „Living In Luxury“ der ersten CD-Ausgabe. Sei’s drum.
Mit diesen Songs wie Operationen am offenen Herzen hatten die Thompsons ihr eigenes „Blood On The Tracks“ eingespielt. Produziert von Joe Boyd, mit drei Fairport Convention-Veteranen sowie Freunden wie den Watersons und Clive Gregson an Bord, war „Shoot“ trotzdem (von der majestätischen Ballade „Walking On A Wire“ vielleicht einmal abgesehen) frei von jeglichem „Folk-Verdacht“. Obwohl nicht mal so trostlos und vollkommen pessimistisch wie die Songs von „I Want To See The Bright Lights Tonight“, waren diese Lieder absolut unerbittlich in ihrer Analyse einer zerfallenden Beziehung.