RICHARD THOMPSON & DANNY THOMPSON – INDUSTRY :: Hannibal/RTD

Hanniki . RTD So dubios Konzept-Alben an sich sind, so erstaunlich ist es, daß gerade die englische Folk Music so viele nicht nur musikalisch gestandene, sondern auch inhaltlich schlüssige konzeptionelle VCferke hervorgebracht hat. The Watersons, Pete Bellamy, Bob Pegg 8C Nick Strutt, Shirley 8C Dolly Collins und die Gebrüder Dransfield sind da nur die Spitze des Eisbergs, und als Referenzwerke sollen hier nur zwei herhalten: „The Transports“ und „The Shipbuilder“, beide letztlich gelungen, beide aber mit dem minimalen Makel behaftet, das Overstatement zu pflegen und zu romantisieren, wo mehr Sicherheit im Ausdruck eine längere Halbwertzeit gebracht hätte. So sind sie denn auf ewig gebrandmarkt als Produkte einer Phase notorischer Uberambition, eben als Ergüsse der Siebziget Richard und Danny Thomson (no relation) lassen auf ihrer ersten gemeinsamen Platte das Pendel in die entgegengesetzte Richtung ausschlagen. Englands Wandel vom Überkommen der Manufaktur zum postindustriellen Zeitalter, von der Wiege des Industrialismus zur Domäne der Dienstleistung, von der stolzen Weltmacht zum „Lottery Land“ ist Thema des Albums. Weiß Scott nicht wenig, aber so unaufgeregt behandelt, so undogmatisch und so wenig propagandistisch gesinnt, daß die alles durchdringende Stimmung Wehmut heißt und nicht Wut. Sechs neue Songs hat Richard Thompson für ,Jndustry“ verfaßt, dunkle, schwermütige Bilder, die Momentaufnahmen gleich mehr als 200 Jahre mählicher Wandlungen des Arbeitsalltags einfrieren und illuminieren. Ihnen zur Seite stehen instrumentale Interludes von Danny Thompson, jazzy-folky-filigran, die atmosphärisch vertiefen, was Richards Texte vorgeben. Hitze und Akkord-Tempo etwa in „Big Chimney“, der nie nachlassende Druck,das Jhungry mouth of the monster“ zu füttern, denn: „~got to keep the production rolling“. Anstrengung. Verausgabung. Ausgepumptsein. Oder die ebenso sinnleere Gegenwelt der Arbeitslosigkeit in „Drifting Through The Days“, die das Wxhenende verzweifelter noch herbeisehnt als der Malocher, weil dann wieder Gleichheit hergestellt wird und Würde und weil harmlose Vergnügungen gnädig helfen, Zeit zu vernichten. Ein politisches Ding sei dieses Album nicht, beteuern die Thompsons. Ist es aber sehr wohL Nicht im marxistischen oder sonstwie ideologischen Sinne, nicht als Analyse oder gar Handlungsanweisung. Aber in der Beschreibung von Schicksalen und Charakteren, in der Anklage gegen Ausbeutung und Gleichmut Es ist nicht besser geworden und nicht schlechter seit dem Beginn der industriellen Revolution, nur anders deprimierend. Das ist die Essenz von Jndustry“. Kein Gefasel von Blüte und Niedergang, nur die Ohnmacht des Lebens und die Lobpreisung kurzen Glücks. Ob Kinderarbeit (in „Children Of The Dark“) oder jäh aufwallender und wieder verebbender Heldenmut (in „Saboteur“), es geht stets um Überlebenskampf. Und ob Oboe oder Violine, ob Saxophon oder Dave Mattacks‘ subtile Kommentare und Kontrapunkte am Schlagzeug, die Musik unterlegt die Sozialkritik mit einem dichten Teppich aus MolL WOLFGANG DOEBELING

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