Rodney Crowell Tarpaper Sky *** :: Der Country-Meister blickt – niemals zu sentimental -zurück

Im Frühherbst einer Karriere, deren Hit-Rekord selbst Garth Brooks nicht knacken konnte, hat Rodney Crowell ganz viel Sehnsucht nach Frühling. Kaum ist die „Old Yellow Moon“-Reunion mit Emmylou Harris Geschichte, schon lässt der 63-jährige Texaner auf „Tarpaper Sky“ jene Studioband musizieren, die ihn 1988 zur New-Country-Bestmarke „Diamonds &Dirt“ mit fünf Nr.-1-Singles am Stück geführt hatte. Dem Ruf wäre nach Bassist Michael Rhodes, Drummer Eddie Bayers und Gitarrist Steuart Smith (zuletzt ein Eagle) wohl auch Barry Beckett gefolgt, doch verstarb der Ex-Muscle-Shoals-Keyboarder/Produzent bereits 2009.

„Bist du bereit für die lange Heimreise?“, fragt Crowell im ersten Song. Noch einmal fliegt der Adler im Sonnenaufgang, heulen die Kojoten den Mond an. Doch bittere Weisheiten sprengen die Klischees. Und sei’s nur die geträumte vom besoffenen Onkel Feuerball, der Blut doch nicht für dicker als Whiskey hielt. Nicht zu sentimental zu werden, und gerade so nostalgisch, dass es nicht weh tut – das bekommt Crowell wie kaum ein Zweiter hin.

Der Titelsong, eine schön beobachtete Ode an die Großeltern („Grandma Loved That Old Man“), oder „The Flyboy &The Kid“, seine Verbeugung vor Mentor Guy Clark, rücken das Album nah an das autobiografische „The Houston Kid“ (2001). Doch hier kann Crowell auch anders. Dann balzt er im „Fever On The Bayou“ mal kurz französisch, bittet im Rockabilly-Knaller „Frankie Please“, oder resümiert zu Sax-getöntem Bar-Boogie eine Amour fou: „The paradise called yesterday is what I miss the most/’cause somebody ’s shadow still haunts me like a ghost.“ Überhaupt gibt’s nicht viele Songschreiber, die aus dem alten Thema noch so schön Funken schlagen können wie Crowell, auch bei „Famous Last Words Of A Fool In Love“ im Duett mit Shannon McNally.

Zu guter Letzt: ein Tribut an John Denver. Und Crowell wäre nicht Crowell, würde er bei „Oh What A Beautiful World“ nicht auch deren hässliche Seiten feiern.(New West/ADA Warner) JÖRG FEYER

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