Ron Sexsmith :: Long Player Late Bloomer

Der formidable Songschreiber entwirft mit Produzent Bob Rock einen kräftigen Country-Rock-Sound.

Seine neue Platte, sagt Ron Sexsmith, sei sein Action-Movie. Nach einigen ausländischen Autorenfilmen gehe es jetzt um großes Kino, sogar alle Stunts habe er selbst gemacht. Haha! Man hört die lapidare Selbstironie des Kanadiers gleich mit. Seit zehn Jahren gilt er nicht zuletzt wegen der ultimativen Lobhudelei durch Elvis Costello, Paul McCartney und Chris Martin als einer der Besten seiner Zunft, doch zu großem Ruhm hat das bislang nicht geführt. Das soll anders werden, sagte sich Sexsmith – und ging für sein neues Album zum Metallica-Produzenten Bob Rock.

Der ist freilich nicht in erster Linie für sämigen Metal bekannt, sondern vor allem für massenfähige Klänge, die auch im US-amerikanischen Rockradio funktionieren. Für Sexsmith arrangiert der Starproduzent einen kräftigen Country-Rock-Sound mit voluminösen Trommeln, schimmernden Telecasters, großzügigen Streichern und allerlei folkloristischem Beiwerk. Bei den ersten beiden Songs zirpt es multipel wie früher bei Bruce Hornsby, bei dem Folklore und Pop auch gut zusammengingen. Bei anderen Liedern denkt man an John Mellencamps „Lonesome Jubilee“, hier und da sogar an die E Street Band – die amerikanischen Männer der 80er-Jahre sitzen vielleicht tief in der Sozialisation des 56-jährigen Bob Rock.

Obwohl die schüchterne, untertriebene Musik von Ron Sexsmith nun also nicht mehr schüchtern und untertrieben klingt, wird Sexsmith nicht zum Fremden, zumal das Songwriting auf „Long Player Late Bloomer“ gewohnt formidabel ist, sogar hier und dort pointierter scheint. Das beste Lied heißt „Believe It When I See It“: Dort werden drei, vier E-Gitarren über einem ordentlich zupackenden Schlagzeug aufgetürmt, der Refrain ist nichts weniger als hymnisch. Doch die Komposition stammt unverkennbar aus Sexsmiths Feder, man schließt sie gleich ins Herz. Dagegen werden die samtweichen Akkorde des folgenden „Miracles“ von sehr süßlichen Streichern und Pianofiguren zu weich gespült – hier hatte Bob Rock womöglich das aktuelle, ebenfalls von ihm produzierte Werk von Michael Bublé im Kopf. Bis hierhin und nicht weiter!

Unterm Strich: Mitchell Froom und Martin Terefe haben für Sexsmith Alben produziert, die in den Punkten Klang und Arrangement mehr Charakter haben und deshalb künstlerisch wertvoller sind. Der Reiz dieser Produktionen liegt ja eben darin, die weiche Sentimentalität Sexsmiths in den Arrangements nur anzudeuten, nicht auszustaffieren – dann ist sie schön, dann gibt man sich hin. Auf „Long Player Late Bloomer“ geht es dagegen um das besagte große Kino und eindeutige Signale. Wenn das der Kompromiss ist, um Sexsmiths fabelhaftes Songwriting einem großen Publikum nahezubringen: nur zu. (Cooking Vinyl/Indigo)

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