Roots von Jörg Feyer

In den letzten beiden Ausgaben eher außen vor, soll sich in diesem Monat (fast) alles um »Big Daddys Blues“ drehen. Anlässe dazu gibt’s genug, allen voran das neue Album von JOE LOUIS WALKER. Auf seinem dritten Verve-Werk, „Blues Of The Month Club“ (Verve/Motor), wildert der Gitarrist aus San Francisco, der seinem Genre auch als Songwriter neue Nuancen abtrotzen kann, noch stärker in Soul-Gefilden als ohnehin schon. Mit der Memphis-Ikone Steve Cropper (Booker T. & MG’s) stand ihm dabei der naheliegende Produzent zur Seite. In diesem Ambiente, das den Blues-Puristen mit Tracks wie „Bluesifyin'“ und der Akustik-Hommage „Your Lyin‘ Eyes“ aber nicht völlig links liegen läßt, ist die schneidende Erotik von Walkers Stimme bestens aufgehoben.4,0 Bei SHERMAN ROBERTSON hingegen will der berüchtigte Knoten nicht so richtig platzen. „Hear J 4ru/Now“(EastWest), sein „echtes“ Debüt bei Mike Vernons Code Blue-Label, ist solide und vielseitig geschrieben, engagiert gesungen und gespielt und vielleicht eine Spur zu clean produziert. Aber irgendwann denkt man dann unwillkürlich an Robert Cray. Und braucht Sherman Robertson nicht unbedingt, 2,5 HANS THEESSINK steht zwar auf JHomecooking“ (Song-Titel), hat aber auch gute Freunde in Austin (Marcia Ball), LA. (Terry Evans) und Bubiin (John Sheahan/Dubliners), die dem Österreicher auf „Crazy Moott“ (Minor Music/ARIS) gerne aushalfen. Das Ergebnis ist ein undogmatischer Blues-Mix zwischen Second-Line-Groove und Gospel-Fever, der selbst dann laidback daherkommt, wenn’s etwas hitziger zugeht. Vielleicht liegt’s daran, daß der Baß, wie bei Theessink üblich, eine Tuba ist?3,0 LOWELL FULSON könnte es sich kurz vor seinem 30jährigen Studio-Jubiläum langsam bequem machen daheim in Kalifornien. Schließlich gibt es nicht so viele Songs, die – wie sein „Reconsider Baby“ – im Abstand von rund vier Dekaden von Elvis Presley und Eric Clapton gecovert worden sind. Statt dessen beglückt er die Gemeinde mit „Them Update Blues“ (Zensor/Indigo) und elf neuen Songs, die wieder von seinem erratisch anmutenden „Single Note“-Spiel und verhuscht-puscheligen Vocals leben. Fulson definiert Blues als eine Form von Understatement, und zwar besonders schön, wenn’s funky („Don’t Lie“, Titelsong) wird. 3,5 Von seinem ehemaligen Lehrmeister Muddy Waters hat sich BOB MARGOLIN längst emanzipiert. Zwar steht sein zweites Alligator-Album „My Blues 6″ My Guitar“ (Edel Contraire) in der Tradition eines rauhen Chicago-Blues, kennt aber auch keinerlei Berührungsängste in Richtung R&B.3,0 Wer CHARMAINE NEVILLE als „offensichtliche Erbin von Irma Thomas“ („Offbeat“) tituliert, kann damit nicht die musikalischen Ahnenflüge gemeint haben. Auf ihrem ersten Album „It ’s About Time“ (Souliciety/EWM) verläuft sich die Tochter von Neville-Brother Charles zwischen humoristischen Hommagen an die R&B/Jazz-Tradition und ihrem hauseigenen, karibisch inspirierten „aerobic-junk“ (Selbst-Einschätzung). Ein bißchen „stretching“ hätte hier gewiß nicht geschadet 2,5 Zuschlechterletzt noch der müßige Hinweis, daß das Musikgeschäft allenfalls sporadisch den Guten geneigt ist. Wäre dem anders, müßte ein KIM LAUDER-DALE nicht länger im Import-Dienst überwintern. Mit der Zuverlässigkeit einer Präzisions-Uhr und dem Charme des Romantikers serviert der Wahl-Kalifornier mit guten Aktien in Nashville alle zwölf Monate ein rundes Dutzend Songs, die das Beste aus R&B, Country und Pop zum Lauderdale-Sound bündeln. So auch auf seinem neuen Album mit dem schönen Titel „Every Second Counts“ (Atlantic/TIS). Das stimmt hier sogar mal. 3,5

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