ROOTS :: von Jörg feyer

Blöde Frage zum Anfang. Was haben Flugzeuge und texanische Songwriter gemeinsam? Irgendwie kommen sie schon wieder runter. Haha. Was sich hier auf die kleineren Brötchen bezieht, die DARDEN SMITH und JAMES MCMURTRY neuerdings wieder backen müssen, nachdem sie vorübergehend auch mal die dünne Major-Höhenluft schnuppern durften.

Einst in einem Atemzug mit Lovett und Griffith genannt, hat sich Smith längst seiner Lone-Star-Roots entledigt. Auch auf „Deep Fantastick Blue“(Demon/Edel Contraire) reicht er edlen, radiotauglichen Folk-Pop: nicht immer deep oder gar phantastisch, aber immer öfter ziemlich blue. Dabei finden Form und Inhalt – der zuweilen indifferenten Produktion wegen nicht immer so schön zusammen wie im akustischen „Drowning Man“ oder beim Zeitlupen-Track „Stop Talking“. 3,0

The tragic beauty of being here treibt auch James McMurtry weiter um. „It Had To Happen “ (Sugar Hill/Fenn Music), von Ex-Joe Ely-Sidekick Lloyd Maines unspektakulär im besten Sinne produziert, setzt mit Song-Epen wie „Peter Pan“, „No More Buffalo“ und „Be With Me“ erneut Maßstäbe in der poetischen Durchdringung von „Realität“ und Alltag. Selten klang Existentialismus so angenehm lebensmüde, so lakonisch und eindringlich. 4,0

Wirklich lebensmüde kommen einige der loser und loner daher, die TOM OVANS in Richtung „Dead South“ (Demon/Edel Contraire) auf die Reise schickt. Die Quengel-Stimme des Nashville-Folkies muß man nicht mögen, dem suggestiven Sog von Text und spartanischer Musik aber ist kaum zu entkommen. Am Ende geht’s dann tatsächlich ins Wasser: Abschreckendes Beispiel für stille Weltschmerz-Stunden? 3,0

Gute Nachrichten gibt’s hingegen weiterhin aus dem Hause MILLER. Nachem Buddy bereits mit „Your Love And Other Lies“ (siehe RS 9/95) brillierte, zieht nun Gattin JULIE endlich mit „Blue Pony“ (Hightone/Fenn Music) nach. Neben eigenem, durchweg gut- bis erstklassigem Material gibt’s eine famose Neufassung des todtraurigen Lowell George/John Sebastian-Songs „Face Of Appalachia“. Und Emmylou Harris gibt sich die Gast-Ehre im getragenen Folk-Juwel „Forever My Beloved“. 4,0

Er liebt „real Country music“, Texas und seine Mutter. Klarer Fall: Wir sind mal wieder bei DALE WATSON gelandet, der die Kategorie „Der Titel des Monats“ mit „IHate These Songs“ (Hightone/Fenn Music) souverän für sich entscheidet. Und nicht nur das: Der Tollenträger mit den Noten-Tattoos bestellt seinen neo-traditionatistischen Acker zwischen Honky-Tonk und Western-Swing, Truck-Stop-Impression und Tearjerker wie gewohnt charmant und spritzig. 3,5

Von einem etwas anderen Ende des Country-Spektrums kommen OLD 9 7’s aus Dallas, die als eine der wenigen „No depression“- Combos einen Major-Deal ergattern konnten und kürzlich sogar mit Fan Waylon Jennings ins Studio durften. Der ist auf „Too Far Tb Care“ (Elektra/TTS) zwar nicht dabei, doch das Quartett um Sänger/Songwriter Rhett Miller macht auch im Alleingang eine blendende Figur, produziert von Wally Gagel (Sebadoh, Superchunk etc.). Tracks wie „Timebomb“ und „Big Brown Eyes“ bescheren der guten, alten Tante „Cow-Punk“ abermals hohe Einschaltquoten. 3,5

Retrospektive und aktueller Arbeitsbericht zugleich ist „The Long Way Around“ (Hightone/Fenn Music) von TOM RUSSELL. Neu eingespielte Klassiker und frisch ausgepackte Neuheiten ergeben eine imposante Werkschau zwischen Studio und Bühne. Zumal die obligaten Duett-Fans kommen mit Gastspielen von Nanci Griffith, Iris DeMent, Jimmie Dale Gilmore, Dave Alvin und Katy Moffat natürlich vollkommen auf ihre Kosten. 4,0

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