ROOTS :: von Jörg Feyer
Es soll Songs in dieser Kolumne geben, nach denen man sogar tanzen kann. Auch wenn der Faktor „Tanzbarkeit“ hier normalerweise nicht oberste Priorität genießt. Für die ganz famose BRAVE COMBO allerdings, die nun schon seit über zehn Jahren aufgeklärten Polka-Enthusiasmus betreibt, machen wir gern eine Ausnahme. Für alle „Ententanz“-Hasser reicht das Sextett aus Denton, Texas, mit „Group Dance Epidemic“ (Rounder/ In-Akustik) die Alternative für die schlaffen Houseparties. Das – teils gar parodistisch – umfrisierte Einmaleins der sehr gepflegten Gruppentanzschaffe läßt vom „Limbo Rock“ über Van McCoys Disco-Monster „The Hustle“ und den GoGo „Hokey Pokey“ bis zum Kuba-Klassiker „Peanut Vendor“ und der arg schwülen Engtanz-Phantasie „The Jeffrey“ keine Hüfte unbewegt. Bei etwaigen Motorik-Problemen hilft das Booklet mit Instruktionen weiter. 4,0
Hocherfreut können wir nun zur Kenntnis nehmen, daß Ms. RUTH BROWN die Gleichung „Ruth Brown Equals R&B“ (Bullseye/Zensor) immer noch prima aufgehen läßt, und das immerhin über 40 Jahre, nachdem „Miss Rhythm“ (so der Titel ihrer Autobiographie) die frühen Atlantic-Jahre mitprägte. Das klug gewählte Material (Klassisches bis Neueres, u. a. zwei Los Lobos-Titel) trägt ebenso dazu bei wie die behende swingenden Arrangements von New-Orleans-Altmeister Wardell Quezergue und ausgewählte Gäste, darunter eine blendend aufgelegte Bonnie Raitt im wunderbaren „Women’s lib“-Duett „I’m Gonna Move To The Outskirts Of Town“. 4,0
„The Colour Of Love“ (Verve/ Motor), das neue Album von RONNIE EARL & THE BROADCASTERS, bleibt eine Hommage selbst da, wo es nicht ausdrücklich als solche ausgewiesen ist. Der Ex-Roomful Of Blues-Gitarrist, Blues-Freidenker mit Affinitäten zu Jazz (Monks „Round Midnight“) und Latin-Rock (Santana läßt schwer grüßen), freut sich über ein gelungenes Vocal-Gastspiel von Gregg Allman und sprengt den konventionellen Rahmen endgültig mit einem lyrischen Tribut für Anne Frank (und Hank Crawford am Alto-Sax). Doch vor lauter profundem Eklektizismus scheint sich Earl doch manchmal selbst zu verlieren. 3,0
THE FABULOUS THUNDERBIRDS laufen nach dem Ausstieg von Jimmie Vaughan längst als Solo-Projekt von Kim Wilson weiter. Für „High Water“ (Private/ ARIS) hat der Junge mit der Mundharmonika in Steve Jordan und Danny Kortchmar (war bereits beim Vorgänger „Roll Of The Dice“ dabei) kompetente Mitstreiter gefunden, die seinen reduzierten R&B mit leichter Funk-Schlagseite so modern wie nötig und so traditionell wie möglich gestalten. 3,0
THE RANCH wollen auf ihrem gleichnamigen Debüt-Album (Capitol/IRS) eine ganze Menge. Und können das auch: Vom akzeptablen Kandidaten fürs Country-Radio bis zur Southern-Rock-Anleihe, von feinem Country-Folk über rasante Honky-Tonk-Heuler bis zur Instrumental-Achterbahnfahrt ist hier fast alles vertreten. Profil-Neurose? Vielseitigkeitsprüfung? Nashville passiert anno ’97 in der Regel jedenfalls viel Schlechteres als dieses agile Trio um den souveränen Songwriter und Frontmann Keith Urban. 3,5
Die australische DEAD RINGER BAND beschwört zwar die „Home Fires“ (Demon/Edel Contraire), orientiert sich dann aber doch an US-Vorbildern wie Lucinda Williams und Parsons/Hillman, denen passabel gehuldigt wird. In Sängerin Kasey und Nash Chambers hat das Geschwister-Quartett indes auch zwei Songwriter in den eigenen Reihen, die dem ganz schnörkellosen New-Traditional-Sound kompetent zuarbeiten. 3,0
„Fish Head Music“ tauften THE RADIATORS ihren undogmatischen Roots-Mix mit der Extraportion New Orleans-Funk. Pünktlich zum 20. Jublüäum gibt es mit „Songs From The Ancient Furnace“ (SMIS) eine vorzügliche Nachlese der Epic-Jahre 3,0