Roots von Jörg Feyer
Martina McBride – Emotion (RCA/BMG)
Ich kann mich täuschen. Aber kann es sein, dass zumindest einige Mainstream-Country-Platten doch etwas anständiget; sprich: weniger steril und vorhersehbar klingen, seit die Dixie Chicks den Durchmarsch in Nashville geschafft haben? McBride ist die reizende Rotblonde, die vor vier Jahren in „Independence Day“ den verhassten Gatten im eigenen Haus abgefackelt hatte. Die als Autorin verantwortliche Gretchen Peters liefert jetzt mit „This Uncivil War“ erneut Unkonventionelles. Zudem raunt McBride gegen Drogen und Waffen und jubiliert „Love’s The Only House“. Aber das ist nicht „unbequem“ (PR-Wunsch), sondern nur schönster Sozialkitsch. Dennoch: Die Bridge in „Do What You Do“ ist geradezu abenteuerlich (für Nashville-Verhältnisse), und auch einige andere Songs („From The Ashes“) liegen in Inhalt wie Form deutlich über dem Durchschnitt. Zu „I Love You“ (kein Druckfehler) dürfen Sie derzeit Julia Roberts und Richard Gere beim Turteln zuschauen. 3,0
Matt King – Hard Country (atiantic/tis)
So, so, Country auf die harte Tour soll das also sein, was uns dieser um nasalen Twang bemühte, leicht mürrisch dreinschauende Kinnbartträger hier kredenzt, der vermutlich immer noch „stoned on a bottle of your sweet perfume“ ist. Dale Watson und Wayne Hancock werden da wohl anderer Meinung sein. Ich meine: Das Problem sind weniger eine Handvoll Cheatin‘-8C Drinkin‘-Songs, die heute zwangsläufig nostalgisch anmuten müssen. Das Problem ist eher eine Produktion, die zu oft in klinischer Präsenz verharrt, statt diesen Songs die (Un-)Tiefe zu geben, die sie hier und da schon verdient hätten. Einen akustischen Soft-Porno zum gemeinsamen Sonnenbad („Rub It In“) haben wir auch schon lange nicht mehr geboten bekommen. 2,5
Joe Louis Walker – Silvertone Blues (Blue Thumb/Universal)
Nicht, dass wir unbedingt auf ein weiteres Akustik-Blues-Album gewartet hätten, nachdem jüngst Corey Harris, Kelly Joe Phelps und Alvin Youngblood Hart den Claim hinreichend abgesteckt haben. Letzteren verpflichtete Walker denn auch gleich als Teilzeit-Gitarrist/Vokalist, ebenso wie Harp-Oldie James Cotton. Gemessen an den Sound-Trips der eingangs Genannten bleibt „Silvertone Blues“ (betitelt nach der alten Klampfe aus dem Sears-Katalog) stocktraditionell. Aber hey: Die Slide heult so oft und schön wie lange nicht mehr, Walker singt mit Verve wie Gusto, und zumindest mit dem Son House-Tribute „Runnin‘ From The Devil“ ist ihm ein Track gelungen, der nachempfundene Delta-Mystik und eigene Gospel-Roots originär verschmilzt. 3,5
Christ Jagger’s Atcha! – Channel Fever (Hypertension/Edel Contraire)
Vergegenwärtigt man sich, dass es eigentlich ziemlich beschissen sein muss, als Micks Bruder ausgerechnet auch in Musik zu machen, zieht sich Christ samt seinem Atcha-Quartett ordentlich aus der Familien-Affäre. British Folk („The Wellington Boot“), Country-Ironie („He’s In A Meeting“) und stete Cajun-Tupfer lassen seinen vorwiegend akustischen Roots-Eintopf kaum eintönig klingen. Nur die reine R&B-Schiene sollte er mangels Masse und Klasse doch lieber dem Glimmer Twin der Jaggers überlassen. Dafür treibt er es nicht mit Sexludern wie der ledrige Bruder. 3,0
The Blues Band – Brassed Up (Hypertension/Edel Contraire)
Sie schafften es bis ins Vorprogramm der Allman Brothers und in den „Rockpalast“. Aber das ist lange her. Zum 20-jährigen Band-Geburtstag schenkt sich Britanniens nettester Blues-Export eine u. a. mit Pee Wee Ellis und Peter King gut besetzte Bläser-Crew, die in subtilen Momenten fast noch stärker glänzt als in full swing. Im breiten Cover-Repertoire zwischen Motown, Mayfield und Ellington funktioniert nicht alles (ein schleppendes „Baby Please Don’t Go“ etwa), Selbstverfasstes wie „Losing You Put The Blues In Me“ hingegen meist schon. Nett halt, doch nicht unbedingt nichtig. 3,0
Duane Jarvis – Combo Platter (glitterhouse)
Der ehemalige Gitarrist von Lucinda Williams verkürzt die Wartezeit auf den „Far From Perfect“-Nachfolger mit einem Griff ins gut bestückte Archiv, wo sich eine fetzige Hommage an Bill Wyman („Bill I Don’t Blame You“) ebenso fand wie der Tearjerker „Last Time That You Cried“. Achtung – die acht Studio- und sechs Live-Tracks gibt es nur über Label-Mailorder bei Glitterhouse, aber dafür im schönen Digifile. 3,5