Roots :: von Jörg Feyer
James McMurtry – Saint Mary Of The Woods r hat längst die Chuzpe, sein sechstes Album mit einem Cover zu beginnen. Dave Alvins unerschütterliches „Dry River“ steht James McMurtry gut. Doch besser noch sind wieder viele eigene Songs des Texaners. „Valley Road“ mit treibendem Highway-Feeling, latente Gewalt brodelt im ominösen „Red Dress“, (eine Ironie („Out Here In The Middle“) und praller Rancher-Zynismus in „Lobo Town“. Das sei, so McMurtry, „country music for Kiss fans“, inspiriert von Dee Dee Ramones Buch „Lobotomy“. Mit Gästen wie lan McLagan realisierte McMurtry, der zum ersten Mal selbst und mit seiner Tour-Band produzierte, einen trocken rockend-rollenden Sound, der auch den langen Erzählatem eines skurrilen Familientreffens in Oklahoma trägt: Uncle Slayton mit „Texas pride“ und „Asian bride“ im Trailer-Home – einfach „too mean to die“. In gut acht Minuten bringt „Choctaw Bingo“ das „heartland“ näher als viele schlaue Reportagen, die acht Tage recherchiert wurden. (Sugar Hill/import) 4,0
Toby Keith – Unleashed
Das Nashville-Kontrastprogramm zu Steve Earle. Am Käfig eines Mannes, der sich selbst als Country-Bulldogge sieht, sollte man halt nicht rütteln. Weil dann nur patriotischer Dumpfsinn wie „Courtesy Of The Red, White And Blue“ rauskommen kann. Und selbstzufriedene Ignoranz („It’s All Good“) als Kehrseite derselben Medaille. Das wirklich Traurige indes ist, dass sich ein Willie Nelson nicht zu schade war für den alttestamentarischen Duett-Schwachsinn „Beer For My Horses“. Zuviel Dope? Seniler Aufgalopp? Steve Earle sollte mal ein ernstes Wort mit ihm reden, so von Texaner zu Texaner. (dreamworks/umis) 1,0
David Baerwald – Here Comes The New Folk Underground
Als eine Hälfte von David & David frischte er Mitte der 1980er die „Boomtown“ L.A. auf, vor fast zehn Jahren posierte er blutbesudelt vor einer US-Flagge auf dem Cover des düsteren Sado-Maso-/Polit-Kabaretts „Triage“. Sein Comeback im „New Folk Underground“ kann Baerwald musikalisch nur ironisch gemeint haben, ob der garnicht spartanischen Sound-Vielfalt, die u.a. die Sexton-Brüder Charlie und Will garantieren. Milde gestimmt gibt er dazu die Devise „live and let live“ aus und beerdigt gar fröhlich seinen „cyanide humor“. Mit bitterer Klarsicht auf „Love #29“ und die Stricher-Saga „If“ zieht Baerwald aber rechtzeitig die Notbremse. Den hidden track vom dicken Cowboy mit den schlechten Träumen sollte man auch nicht vorzeitig ausblenden. Ein unerwartetes, willkommenes Wiederhören.(lost highway/umis) 2,5
The Resentments – Sunday Night Line-Up
Seit 1999 spielten sie jeden Sonntag im Saxon Pub – bis Drummer John „Mambo“ Treanor früh starb. Vor seinem Tod lief aber noch das Band mit bei Austins akustischer All Star-Band. Die hatte mit Jon Dee Graham, Stephen Bruton und Jud Newcomb (ex-Loose Diamonds) gleich drei distinguierte Singer/Songwriter, die Covers vergrößern den Stil-Radius noch – von Donnie Fritts‘ „We Had It All“ über den „Rhumba Boogie“ (Clarence Snow) bis zum „Zombie For Love“ (vom Green On Red-Klassiker „Here Come The Snakes“). Eine wertige Nachlese auf eine undogmatische Roots-Band mit Esprit, (blue rose/in-akustik) 3,0