Roots von Jörg Feyer

Weit über eine Dekade, nachdem er das Bluegrass-Erbe von Flatt & Scruggs bis Bill Monroe charts und damit auch hoffähig machen konnte, muß RICKY SKAGGS im Post-Garth-Brooks-Nashviüe fast schon wohltuend antiquiert wirken. Und damit fast so aktuell wie ehedem. Sein Atlantic-Einstand „Solid Ground“ (TIS) schlägt den Bogen von beinharten Traditionais („Cry Cry Darlin'“, „I Ain’t Never“) bis zu Harry Chapins Father 8C Son-Tragödie „Cat’s In The Cradle“ recht weit. Skaggs gottvertrauende Family 8C The Bible-Rhetorik kann natürlich nicht jedermanns Sache sein. Doch wer feinste Mountain-Harmonies, das edle Gitarren-Picking eines wohlsortierten Studio-A-Teams und die Song-Klasse etwa von „Every Drop Of Water“ will, muß die allerdings wohl oder übel in Kauf nehmen. 3,0

Auch geschliffener Country-Rock mit präziser Feinmotorik hat in Nashville durchaus noch eine Nische. THE CACTUS BROTHERS spielen ihn dort „24 Hrs., 7 Days A Week“ (Detnon/TIS). In einer sauberen Randy-Scruggs-Produktion offenbart das zweite Album des Sextetts freilich Song-Schwächen. Der Rückgriff auf weitere Vorlagen der Kategorie CCR („Lodi“) bzw. Lucinda Williams („He Never Got Enough Love“) hätte sicher nicht geschadet, 3,0

Als Geistesverwandte vom anderen Ende der Welt grüßen BIG WHISKEY: Auf „The Distance“ (Blue Rose/RTD) interpretiert das Oktett aus Australien mit dem nicht übermäßig originellen Namen sein Genre allerdings etwas freier und mit gleich zwei begabten Autoren auch profilierter. Vergleiche mit etwa The Jayhawks scheinen mir aber doch übertrieben bzw. verfrüht. 3,5

Seitenwechsel: LARRY GARNER kürt seine Heimatstadt „Baton Rouge“ (Motor) im Titelsong seines zweiten Verve-Albums ganz kühn zur Blues-Metropole. Aber warum nicht, wenn der von Funk über Reggae bis Country und Gospel nach vielen Seiten offene, gewitzt-kritische Southern-Mix des charismatischen Mitt-Vierzigers so stimmig, cool und ungezwungen rüberkommt. 4,0

Auch KENNY WAYNE SHEPHERD nennt Louisiana, genauer: Shreveport sein Zuhause, orientiert sich musikalisch aber eindeutig in Richtung South-By-Southwest, sprich: Texas. Stevie Ray Vaughan sah er mit sieben Jahren das erste Mal, da war’s sofort um klein Kenny gescheh’n, und die erste Gitarre mußte her. Auf „Ledbetter Heights“ (Giant/RCA) schlüpft der blonde Jüngling couragiert in die Fußstapfen seines Idols. Das eigene Profil kann dann ja später noch kommen. 3,0

Eine späte, aber ganz gewiß lohnende Entdeckung ist LONG JOHN HUNTER, der über Jahrzehnte nur funsüchtige Touristen in mexikanischen Grenz-Spelunken beglücken durfte. Auf „Border Town Legend“ (Alligator/Edel Contraire) spielt er seinen hart kickenden, hinterfotzigen Texas-Blues’n’Roll nun endlich überregional. Und mit einer unerschütterlichen Präsenz, wie sie nur in gaaaanz langen Club-Nächten heranreift. 4,5

„Duke’s Blues“ (Pointblank/Virgin) nennt DUKE ROBILLARD seine umfassende, breitgefächerte 15-Song-Hommage an bekannte und weniger bekannte Heroen des Blues und Rhythm’n’Blues. Der Gitarrist aus Providende/Rhode Island, zuvor bei The Roomful Of Blues bzw. den Fabulous Thunderbirds beschäftigt, interpretiert dies alles mit Herzblut und empfindet teils brillant nach. Manchmal fragt man sich aber schon, ob derartige Retrospektiven nicht auch irgendwie bloß Verlegenheitslösungen sind. Die G. Loves gibt’s halt nicht im Dutzend. 3,0

Dafür aber wohl ein neues Interesse an akustischem Blues, seit zahlreiche Youngster die Erbverwaltung reklamieren. CEPHAS & WIGGINS deklinieren das Genre auf „Cool Down“ (Alligator/Edel Contraire) zwar melodisch reizvoll, aber doch etwas zu brav durch. 3,0

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