Rosanne Cash – Rules Of Travel :: Capitol / EMI

Sie haben es also doch noch geschafft, sie und ihr Daddy, der so lange so lange Schatten für die nun auch schon bald 50-jährige Tochter warf. Wobei aber Rosanne und Johnny Cash mitnichten „erstmals“ (PR-Infb) gemeinsam auf einem Album singen. Gab es nicht vor gut 20 Jahren schon ein Duett von „That’s How I Got To Memphis“(auf „Somewhere In The Stars“)? Egal, der Song, den sie gemeinsam mit Ehemann und Produzent John Leventhal schrieb, lohnt die lange Warteschleife allemal. Zur schlichten, luzide arrangierten Folk-Melodie von „September When It Comes“ geht es um die noch viel längeren Schatten, die (Fehl-)Geburt und Tod werfen, und es ist bewegend jenseits von Rührseligkeit wie Voyeurismus, den großen alten Mann quasi sein frühes Requiem singen zu hören, Zeilen wie: „I cannot move a mountain now, I can no longer run, I cannot be who I was then.“ Und dann noch dies: „In a way, I never was.“ Und dann fliegt Johnny schon mal mit den Engeln.

Fast wäre es nicht mehr gekommen zum wohl finalen Generationen-Duett. Was weniger, wie zu vermuten ist, am Herrn Papa lag. Vielmehr brachten hormonelle Komplikationen im Zuge der Schwangerschaft mit dem inzwischen vierjährigen Jake die Mutter vorübergehend um ihre Stimme (und als Songschreiberin, die auf diese als Kompass ihres Tuns angewiesen ist, fast um den Verstand). Doch auf „Rules Of Travel“ singt Rosanne Cash sieben Jahre nach ihrem letzten Album, dem intimen Capitol-Debüt „10 Song Demo“, als hätte es den großen bösen Polypen da unten im Hals nie gegeben. Stark und stolz und auf Schwingen, doch auch mit jener Ahnung von Demut, die solch existenzielle Dramen nähren.

Sie bleibt dabei öfter nicht allein. Das spielerisch-obsessive „I’ll Change For You“ ist gerade mit dem räudigen Seen-itall-Charme eines Steve Earle als Duett-Partner glaubwürdig besetzt. Sheryl Crow („Beautiful Pain“) und Teddy Thompson (im dunkel-ominösen „Three Steps Down“) halten sich eher angemessen zurück. Jakob Dylan und Joe Henry haben ihr „Hope Against Hope“ geschrieben (mit einer etwas bemühten bridge). Das bekommt sie selbst besser hin, auch mal als abrupte Atempause im rollenden „Closer Than I Appear“. Überhaupt: Cash, die Sängerin, braucht eigentlich Cash, die Autorin, um wirklich zu glänzen. Mit „Will You Remember Me“ (noch so eine schlichte Folk-Melodie). Oder im hilflosen Kehraus „Last Stop Before Home“. Schleierhaft nur, warum sie erneut „Western Wall“ auflegt (das es bereits auf „10 Song Demo“ von ihr selbst und als „Tucson Sessions“-Cover von Ronstadt/Harris gibt). Am Gesamteindruck ändert das nichts: Es gibt noch, na ja, „Adult-Pop“, der nicht mal komisch riecht. Woran Herr Leventhal als nie nur cleverer Alleskönner mit der Antenne für die richtigen Zwischentöne seinen Anteil hat, den Frau Cash als erste herausstellen dürfte.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates