Sam Cooke :: Sam Cooke With The Soul Stirrers
Die durchaus ekstatischen frühen Gospel-Aufnahmen des Sängers.
Der Herr liebt bekanntlich einen reuigen Sünder mehr als zehn (Selbst-)Gerechte. Umso mehr kommt man ins Grübeln und fragt sich, warum Gospelsongs in allen Facetten als Gattung hier zu Lande nie und nirgends eine so große Popularität genossen haben wie jenseits des großen Teichs. Das kann nicht nur daran liegen, dass die Amerikaner „god’s own country“ bewohnen. Diese von Reue und Buße handelnden, um Vergebung flehenden, Trost im letzten Stündlein erbittenden und auf Erlösung im „promised land“ hoffenden Lieder singt man dort seit langem inbrünstiger. Mit dieser religiösen Inbrunst sang Sam Cooke schon im zarten Alter von 19.
Musste er auch, wenn er Rebert (sie!) H. Harris als Lead-Sänger der Soul Stirrers glaubhaft ersetzen wollte. Der war seit 1937 der Star in diesem Quintett gewesen, das sich über die Jahre eine schier perfekte Show-Routine angeeignet hatte. Genauso perfekt passte sich der Teenager in das Veteranen-Ensemble ein. Produzent Art Rupe mochte es erst nicht fassen, aber mit ,Jesus Gave Me Water“ hatte die neu besetzte Formation für Gospel Music-Verhältnisse auf Anhieb einen Riesenhit, und auch bei Neuaufnahmen von bewährten Standards wie „How Far Am I From Canaan“ jubilierte der Youngster sein Hallelujah so überzeugend, dass Rupes Zweifel dann endgültig schwanden.
Dass andere Darbietungen denkbar perfektester DooWop waren, dürfte jüngere Besucher bei Auftritten der Soul Stirrers ganz besonders entzückt haben. Vor allem die weiblichen unter ihnen entwickelten nicht nur spirituelle Heilserwartungen, wenn Cooke Songs wie „Any Day Now“ anstimmte. Dafür war der junge Mann einfach zu unverblümt sexy. Bei „Lovable“ und „That’s All I Need To Know“, 1956 einige von Sam Cookes letzten Aufnahmen für Specialty, sang er das Hohelied auf durchaus irdische, fleischliche Liebe. Empfindungen, die das Publikum ganz offenbar und hörbar auch bei dem hier dokumentierten Live-Auftritt der Stirrers 1955 im Shrine Auditorium hatte. Die Mädels kreischten in Verzückung, als Sam in voller Ekstase „Nearer To Thee“ sang. Hier sind sie alle dokumentiert in einem formidabel annotierten Box-Set.
Genau einen Monat später produzierte Rupe übrigens in New Orleans das Specialty-Debüt eines ganz anderen Gospel-Shouters, der vorher jahrelang nur herumkrebste, jetzt aber die wahre Erleuchtung gefunden hatte: Little Richard. Der Song: „Tutti Frutti“.
Cooke selbst ließ es in den späteren Jahren weniger spirituell angehen und kam gewaltsam ums Leben.