Sandie Shaw :: Me

Man muss nur die Sleeve Notes von Keith Altham zu Sandie Shaws drittem Album lesen, um dieses „Blow Up“-Gefühl des Swinging London 1967 zu bekommen. In den launigen Notizen ruft die Managerin Eve Taylor den Redakteur des „New Musical Expresss“ an und fragt, ob er die Liner Notes schon geschrieben habe – und er möchte doch bitte den Arrangeur Kenny Woodman erwähnen und dass Sandie mehr Hits hatte als alle anderen Sängerinnen und ob Top 30 als Hit gelte und dass Chris Andrews ja viele dieser wundervollen Lieder für Sandie schreibe -und: „Oh, and do one of your funny bits.“ Das stand dann alles auf dem Plattencover von „Love Me, Please Love Me“. 45 Jahre später schrieb Altham noch einmal Anmerkungen, diesmal für die neuen Editionen der frühen Sandie-Shaw-Alben.

Im Frühjahr 1967 gewann Sandie Shaw den Grand Prix d’Eurovision – mit „Puppet On A String“, einem albern-mechanischen Lied, das sie sofort hasste. Eine weitere Nummer eins, nicht nur in England. Man nannte die 20-Jährige aus Dagenham jetzt „die barfüßige Gräfin“ nach einem alten Film mit Ava Gardner und Humphrey Bogart, weil sie beim Singen keinen Schuhe trug. Natürlich hatte Sandie einen Entdecker und Svengali, der sich Adam Faith nannte und Terry Nelhams hieß, und Chris Andrews produzierte die frühen Platten. Auf „Me“ von 1965 ist das erste Lied enthalten, das Shaw selbst schrieb, „Till The Night Begins To Die“, ordentlich gefühlig. Diese LP ist ohnehin ein Schatz, aber der Neuauflage sind alle Singles von 1965 und 1966 beigefügt, sodass die Sandiemania komplett dokumentiert ist.

„Love Me, Please Love Me“ (****) sieht nach Flower-Power aus und ist doch kein bisschen vom psychedelischen Zeitgeist inspiriert, sondern an den alten Meistern orientiert: „I Get A Kick Out Of You“(ohne den Verweis auf Kokain) und „Ev’ry Time We Say Goodbye“ von Cole Porter, Charles Chaplins „Smile“ und „Ne Me Quitte Pas“ von Jacques Brel, den die Shaw in Paris gehört hatte. Stolz verweist Sandie Shaw heute darauf, dass sie Brel früher entdeckt habe als Scott Walker, der kurz darauf mit seinen berühmten vier Alben begann. Unter den Songs, die die Sängerin damals ablehnte, war auch ein Stück für einen walisischen Bergarbeiter namens Tom Jones: Sie überließ ihm „She’s So Unusual“, obwohl sie sofort den Hit erkannt hatte. So war ihr die lebenslange Dankbarkeit des Tigers sicher.

Die Best-Of-Anthologie „Long Live Love“ (****) enthält auch „Anyone Who Had A Heart“ von Bacharach/David und „Hand In Glove“ mit den Smiths, jenen Song, der sie 1983 noch einmal auf die Agenda setzte. Für eine kurze Weile. Dann nahm Sandie Shaw ihre Arbeit als Psychotherapeutin wieder auf – den besten Beruf, den die einst berühmteste Sängerin der Welt wählen konnte. (Salvo/Soulfood)

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