Scritti Politti – Anomie & Bonhomie :: Der Pop ist nicht tot

Nach elf Jahren wieder Neues von Pop-Tüftler Green Garthside: Anspruch und Collage vereint auf einem kleinen Meisterwerk

Das fängt schon gut an: Eine weiche Stimme fließt elegant eine melodiöse Serpentine entlang, eine fette Rockgitarre bricht herein, kurz leuchten im Hintergrund Beatles-Harmonien auf, der Baß macht einen lässigen Ausfallschritt, dann verschafft sich ein vehementer Monolog Raum, bis schließlich, als wäre nichts gewesen, der Track langsam verblaßt. Dies könnte ein fieser Collagen-Popsong sein, doch „Umm“, der erste Track der neuen Scritti Politti-CD „Anomie & Bonhomie“, folgt einem strengen harmonischen Gerüst und ist so tatsächlich ein kleines Pop-Meisterwerk, dessen Materialfülle nicht Selbstzweck ist, sondern zwangsläufige Folge seiner Komplexität. Außerdem ist es ein perfekter Opener, denn der Rest des Albums funktioniert ganz genauso.

Green Garthside hat es also geschafft. Der intellektuelle Songwriter, der in den 80ern mit Hits wie „The Word Girl“ oder „Asylums In Jerusalem“ wie kaum ein anderer Erfolg und Anspruch vereinte, führt mit seinem ersten Album seit elf Jahren seine Vision bruchlos fort. Natürlich hat er seine Mittel der Zeit angepaßt: Es wird viel und gut gerappt (von Mos‘ Def, Lee Major, Me’shell Ndgeocello), die Gitarren sind schwer und die Produktion sfate ofthe art, doch im Kern haben wir es immer noch mit brillanten Popsongs zu tun, die allein von ihrer Komposition leben sollen und können. Manchmal ist das offensichtlich, wie in dem Prefab Sprout-artigen „First Goodbye“, dem rollenden „Mystic Handymen“, oder „Born To Be“, das auch auf das erste Album vor 16 Jahren gepaßt hätte. Oft spielen die Lieder aber auch mit ihren Möglichkeiten, mit Sounds und exquisiten Rap-Einlagen: Die Single „Tinseltown To The Boogiedown“ funktioniert so und „Smith N‘ Slappy“.

Pop ist nicht tot. Schön!

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