Sea Skiving :: Die sechs Alben der musterhaften Girl Group auf London Records

Falls Bananarama treue Fans hatten, so waren es vermutlich junge Frauen – und die Produzenten dieser Luxus-Editionen mit je zwei CDs und einer DVD. Von außen gesehen handelte es sich bloß um drei hübsche Frauen in bunten Kostümen, die in den frühen 80er-Jahren „Robert De Niro’s Waiting“ sangen, ein paar Jahre später „Venus“ – und deren Spur sich dann verlor. Aber Keren Woodward, Sara Dallin und (bedingt) Siobhan Fahey gingen ohne Peinlichkeiten den ganzen Weg des britischen Pop bis heute, sie wurden erwachsen, und sie überlebten Stock, Aitken, Waterman.

Die drei Grazien waren mit Paul Cook, ehemals Sex Pistols, befreundet, sangen mit Fun Boy Three, trieben sich in der Londoner Clubszene herum und übten auf Instrumenten, was sich dann allerdings doch als übertrieben erwies. Vielleicht waren sie auch Edel-Groupies: Bei einem Konzert in Oxford trafen sie Lemmy Kilmister; Cook ließ sie in einem Apartment in Covent Garden wohnen, und Paul Weller schrieb für ihr Debütalbum „Deep Sea Skiving“ (1983) das forciert synthetische, zackige „Doctor Love“. Mit „Na Na Hey Hey (Kiss Him Goodbye)“ hatten Bananarama den ersten Hit für den Tony Swain und Steve Jolley verantwortlich zeichneten. Das Duo überwachte auch „Bananarama“ (1984, ***), das zwar „Robert De Niro’s Waiting“ und „Cruel Summer“ enthält, aber nur Platz 16 der britischen Charts (gegenüber Rang 8 des Debüts) erreichte. Das elegant-geheimnisvolle Album „True Confessions“(1986, ****) schaffte es trotz des untypischen „Venus“ bloß auf Platz 46, und nun traten Stock, Aitken, Waterman auf den Plan.

Auf ,,Wow!“(1987, **1/2) probte Motown-Fan Pete Waterman sein bald patentiertes Surrogat-Soul-Konzept, das bei „Love In The First Degree“ auch gut funktionierte – sogar Berry Gordy gab sein Placet. Nur Siobhan passte der aufgekratzte Sound nicht mehr: Sie wollte wie die Smiths klingen und gründete folgerichtig Shakespear’s Sister, die nie wie die Smiths klangen. Jacquie O’Sullivan rückte nach. Erst 1991 erschien „Pop Life“ (**1/2), eingerichtet vom It-Produzenten Youth und dennoch erfolglos. Keren und Sara arbeiteten 1993 noch einmal mit Stock & Waterman an den gefälligen ABBA-Nachahmungen von „Please Yourself“ (***), von der Öffentlichkeit beinahe ignoriert.

Man kann also behaupten, dass Bananarama eher interessant als erfolgreich waren. Sie hielten sich ein Jahrzehnt wacker, wechselten die Frisuren, Songschreiber und Produzenten, beschäftigten die englische Video-Industrie und das Label London. Und Keren Woodward und Sara Dallin kämpfen heute noch immer. (Soulfood) ARNE WILLANDER

Everything But The Girl

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