Shelby Lynne :: Tears, Lies, And Alibis

Die schonungslose Schmerzensfrau hat Nashville wieder satt.

Zum zweiten Mal in einer bewegten Karriere zeigt Shelby Lynne dem Nashville-Geschäft ihre kalte Schulter. Beim ersten Mal gab’s dafür 2001 mit dem großartigen Album „I Am Shelby Lynne“ den spätesten Best-New -Artist-Award der Grammy-Geschichte. Jetzt gründete sie für „Tears, Lies, And Alibis“ ihr Label Everso, als Lost Highway sie nur wieder mit einem sogenannten Profi-Produzenten ins Studio schicken wollte. Wir wissen nicht, was der mit den zehn Songs angestellt hätte – nur, dass Lynne goldrichtig lag, es daheim in Rancho Mirage einfach wieder selbst zu machen, unterstützt von Techniker Brian Harrison, der ihr schon 2003 bei „Identity Crisis“ zur Seite stand. Dazu musizierten California-Homies (Val McCallum, Ben Peeler) und Südstaaten-Fachkräfte wie David Hood, Spooner Oldham, Kenny Malone, Dave Jacques.

Nach dem aufgekratzten „Rains Came“ und dem Sehnsuchts-Quickie „Why Didn’t You Call Me“ (1:34!) findet Lynne mit „Like A Fool“ in ihre Paraderolle als schonungslose Schmerzensfrau zwischen Country-Sentiment und R&B-Stolz. An die furiose Abrechnung „Family Tree“ lässt sie nur die Akustik-Gitarre und einen Hauch von Bluegrass, während „Loser Dreamer“ auf einem nuancierten Arrangement dahinschwebt. Und den guten, alten „Airstream“-Trailer mit Van Gogh und Picasso zu überhöhen, ohne sich und das Objekt ihrer Ode lächerlich zu machen – das geht vermutlich auch nur weit weg von Nashville. (Everso/Rough Trade) Jörg Feyer

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