Short cuts

Laura Cantrel – Not The Tremblin Kind (Spirit/Light/Speed)

Die Lady stammt aus Nashville, hat der Plastic City USA jedoch längst den Rücken gekehrt und sich wohl eben deshalb ihre Country-Seele bewahrt. Ist nicht leicht in New York City, aber Laura Cantrell ist dort das Sweetheart Of The Radio, mit einer Show, die Brücken baut zwischen Tradition und No Depression. Ihre Stimme erinnert etwas an die frühe Nanci Griffith, wirkt äußerst wohltuend und passt perfekt zu den durchweg famosen Songs. „Queen Of The Heart“ belehnt das Intro zu Merle Haggards „I’mm A Lonesome Fugitive“, und das von Dan Prater (Ex-Beat Rodeo) geschriebene „Do You Ever Think Of Me“ startet als Byrds-Track, verfällt dann aber in eine Sir-Doug-Pastiche, komplett mit Augie-Meyers-Anschlag. Exzellent 4,0

Midnight Choir – Unsung Heroine (Glitterhouse/TIS)

Der norwegischen Hypomelancholiker zweite Exkursion in die südeuropäische Diaspora. War die Debüt-LP Amsterdam stranded“ in Lissabon entstanden, begaben sich Midnight Choir für die Aufnahmen zu “ Unsung Heroine“ nach Ljubljana. Produziert hat wieder Chris Eckman von den Walkabouts, und auch sonst hat sich nichts Wesentliches bewegt in der Musik des in ihrer Heimat überaus erfolgreichen Quartetts. Lieder wie aus Marmor, schön gemasert, leicht verwittert Gitarren, Piano, Orgel und Vibes in Moll-Mission, elegisch und elegant. Ein so süperber Song wie „Mercy Of Maria“ ist diesmal nicht dabei, dafür mit „Painting By Matisse“ ein Zehn-Minuten-Epos, das alles aufbietet, vom Folk-Harmonika-Intro über feinnerviges Violinstreicheln bis zum mählich schwellenden, dissonant zerfiedelten Pomp-Finale. 3,5

HGH – Pignoise (Stickman/Indigo)

Mehr Norweger. Haugen, Gebhardt, Hagfors. Hauptberuflich Mitglieder der Hellbellies, Motorpsycho, Home Groan. Spielen Banjo, Dobro, Mandoline, Ukelele und die herzzereißendste aller Tonquellen, die singende Säge. Zu good-timey Downhome-Musik. Mit Hingabe und ebensoviel Humor. Glückliches Norwegen, wo sich derlei Daffke-Bluegrass-Swing in nennenswerten Stückzahlen verkauft und wo Midnight Choir und Madrugada die Charts anführen. Andererseits müssen wir uns auch nicht gerade verstecken. Nicht, solange Zlatko singt und es öfter mal was Neues gibt von Fettes Brot und Fury In The Slaughterhouse. Proudtobe Kraut. 3,0

Kathy Mattea – The Innocent Years (Mercury)

The acceptable face of mainstream country. So wurde die Mattea unlängst nicht von ungefähr apostrophiert Ihre elfte Studio-LP ist ein sentimentalisches Werk, mit Hang zum Sülzigen, aber nicht ohne Momente der Ergriffenheit. Musik rührselig, Tränen echt. 2,0

Hannah Marcus – Black Hole Heaven (Normal/Indigo)

Die Antithese zu Matteas Butterblumen-Kitsch. Dunkel die Worte, dräuend die Geräusche. Yep, Hannah Marcus hat das Sampeln als Ausdrucksmittel entdeckt Nicht gähnen, bitte. Sie setzt die elektronischen Effekte sparsam ein, lässt sie leise irrlichtern oder hypnotisch pulsieren. Passend zur oft assoziativen, fragmentierten und galligen Lyrik. In „Los Alamos“ schlüpft sie in die Rolle eines „lonesome Operator“: „Hiding something stränge below/ Hiding inside a dead volcano/ Working on the human genome/ Wow.“ Wow, indeed. 3,0

Paul James Berry – Ginnel (Supermusic/TI5)

Es dürften nicht allzu viele sein, die sich an The Rose Of Avalanche erinnern können, eine Band zwischen Sisters Of Mercy und Big Country, mit Singles wie „Too Many Castles In The Air“ und „Velveteen“. Vor knapp 15 Jahren, als England noch Indieland war. Doch Indieland ist abgebrannt, und so tummelt sich der Ex-Rose-Kopf Berry inzwischen in der äquivalenten Zeitgeist-Zone. Nein, nicht im Dance-Pool, sondern im benachbarten Songwriter Tümpel, wo die elektronischen Spritzer und Breakbeat-Brecher von nebenan ebenso Verwendung finden wie ausrangierte Drumcomputer, Sequenzer und Effektgeräte. Modern, Mann. Mit Multimedia-Track. Für „Ginnet“ spricht, dass die Geräusch-Kulissen nicht bloß Selbstzweck sind, für Berry, dass er versteht, seine Wut zu ventilieren. „It’s not rock’n’roll but it’s proud.“ 2,0

Thomas Anderson – Bolide (Red River/Zuma)

Ganz ohne Modernismen kommt Thomas Anderson auf seinem bereits vierten Album aus. Es wird geklampft, nicht geklotzt. Die Texte indes sind nicht folky-verhärmt oder sonstwie harmlos. Die meisten haben historische und sozialkritische Bezüge, und selbst die restlichen, persönlicheren bürstet Anderson gegen den Strich. 3,0

Joanna Connor – Nothing But The Blues (In Akustik)

Kein bisschen angekränkelt vom Turbowahn in Tonstudios zeigt sich Joanna Connor, deren Blues-Rock an Bodenständigkeit und Biedersinn schwer zu überbieten ist „Eine Power-Gitarristin mit sicherem Gespür für Rock-Dynamik“, so die „Chicago Sun-Times“, ein Urteil, dem wir uns vollinhaltlich anschließen. Die Platte wurde live aufgenommen, in Bamberg, und dürfte locker die musikalischen Bedürfnisse eines jeden befriedigen, der gerne das Handwerker-Programm „Ohne Filter“ guckt. 1,5

The Shazam – Godspeed The Shazam (Rainbow Quartz/Pias)

Post-Grunge-Powerpop aus Tennessee, melodieselig und lärmverliebt „Shazam“ war die magische Formel, mit der sich Billy Batson in Captain Marvel verwandelte. Und, was wichtiger ist „Shazam “ wurde vor 30 Jahren zum Titel der zweiten LP von The Move erkoren. Eine Brit-Band, die fraglos zu den Inspirationsquellen des US-Trios gehört, nach den Beatles natürlich. Doch so urbritisch Hans Rotenberrys Songstrukturen auch sein mögen, seine Texte bleiben tief verwurzelt in amerikanischer Teen-Mythologie. Highschool-Weihen, Malibu Sunglasses, Surfer Girls, verbotene Küsse. Schade nur, dass man für „City Smasher“ den heiligen Duane-Eddy-Twang massakrieren musste. 3,0

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