Short Cuts
Pere Ubu Lady From Shanghai ***1/2
Irgendwie geht es ums Tanzen auf dem neuen Werk von David Thomas und seinen aktuellen Mitstreiter/innen, aber das Konzept bleibt im Verborgenen. Egal: Neue Lieder von Pere Ubu, weiterhin abenteuerlich, muskulös, harmonisch gegen den Strich gebürstet und avantgardistisch. (Cargo)
Friska Viljor Remember Our Name ***1/2
Reduzieren wir Daniel Johansson und Joakim Sveningsson nicht mehr auf die Geschichten von Liebesleid und durchzechten Nächten: Das hier ist der – weiterhin juchzende – Folklore-Pop von erwachsenen Männern. Die bleiben gut! (Crying Bob/Cargo)
Bad Religion True North ***
Bad Religion gehen mit diesem Album nach eigenen Angaben zurück zu ihren Anfängen – mit kompakt gespielten und produzierten Liedern, in denen alles steckt, was man an dieser Band schätzt. Short bursts of melody and thought. (Epitaph)
Navel Loverboy ***
Das vierte Werk der Schweizer um Mastermind Jari Altermatt möchte ein Sommeralbum sein, doch der düster-dräuende Noise-Blues zwischen Jack White und Mark Lanegan ruft eher Schüttelfrost als sonnige Stimmungen hervor. Und „I Bury My Love In This Town“ hat die kaputte Schönheit eines Felice-Brothers-Songs. (Noisolution/Indigo)
Andreas Albrecht Tagebucht ***1/2
Oft sind es mehr lautmalerische Alltagsbeobachtungen, mehr Klanginstallationen als Lieder, die Albrecht mit Gitarre, Piano, Schlagzeug und Elektronik zu Gehör bringt. Zum Beispiel im achteinhalb Minuten langen „Was soll passieren?“, in dem er wie eine Mischung aus Rio Reiser und Manfred Maurenbrecher klingt. (Broken Silence)
Jill Barber Mischievous Moon **1/2
Treten Sie ein! Es darf geschwelgt und geschwoft werden in diesem plüschigen Gefühls-Antiquariat. Die Kanadierin Jill Barber versucht sich am schwer verschmusten Pop-Jazz von Doris Day und Peggy Lee – und bleibt doch nur schöne Staffage inmitten all der orchestrierten Grandezza. (Ferryhouse/Warner)
Lindi Ortega Cigarettes & Truckstops ***
Noch eine Kanadierin – die es allerdings nach Tennessee verschlagen hat, in die Nähe ihrer Country-Idole. Wie auf „Little Red Boots“ wechselt Ortega zwischen hysterischem Twang, trotzigen Schunklern und liebestrunkenen Balladen. (Last Gang/Pias)
Supermutant FRVR **1/2
Die Mönchengladbacher Band spielt auf ihrem Debüt treibenden Mainstream-Punkrock, zu dem man sich schon die gereckten Fäuste vor den Festivalbühnen der Republik vorstellen kann. Dazu passen auch die akkurat gepöbelten Texte. Supermutant könnten die deutschen Billy Talent werden. (Grand Hotel van Cleef)
Courteeners Anna **1/2
Hätten die Courteeners einen so renommierten Produzenten-Tross wie Coldplay, könnten sie es schnell ins Stadion schaffen. Sie haben alles, was man dafür braucht: simpel strukturierte Popsongs, Whoa-Whoa-Refrains – und ab und zu gelingt ihnen auch ein schönes Blur-Zitat wie in „Lose Control“. (Cooperative)
Benjamin Ghost With Skin ***1/2
Mit jenseitig quäkender Stimme kämpft sich der 24-jährige Singer/Songwriter von den Färöer-Inseln durch verzerrte Neo-Rock-Hymnen, experimentelle Folk-Songs und Meditationen. Vielversprechendes Debüt! (Pop-up/Cargo)
Rick Redbeard No Selfish Heart ****
Vom Sänger der schottischen Phantom Band, Rick Anthony: karger Akustik-Folk wie aus einer Hütte im einsamen Wald, wundervoll sentimental und berührend wie eine Erinnerung, die man nicht ganz zu fassen kriegt. (Chemikal Underground)
Frightened Rabbit Pedestrian Verse ****
Auch aus Schottland stammen Frightened Rabbit, deren Indie-Gitarrenrock den Klischees aus dem Weg geht und dafür etwas Dunkles in die Lieder schreibt. Spuren von 80s-Wave und Postrock bringen diese gleichzeitig hymnischen und verzagten Lieder auf Trab, nehmen ihnen aber nicht ihr warmes Sehnen. Tolle Platte! (Atlantic/Warner)
The Script #3 **1/2
Mehr Radiopoprock des Trios um UK-The-Voice-Juror Danny O’Donoghue. Nach dem MOR-lastigen Vorgänger mischen The Script nun mehr HipHop ins Programm, was sie an der Seite von Kollegen wie OneRepublic oder Maroon 5 wieder an die Spitze der Charts führen wird. (Sony)
Claudia Brücken The Lost Are Found ***
Propaganda-Sängerin Claudia Brücken, die Eisheilige des deutschen Elektro-Pop, nimmt mit Stephen Hague vergessene Lieder u. a. von Bowie, ELO und den Pet Shop Boys auf. Edel, gediegen – und nicht so kühl, wie man erwarten könnte. (There(there))
Christine Owman Little Beast ***1/2
Christine Owman macht ihre Live-Shows mit singenden Sägen, Filmprojektionen und entrückter Gestik zum Happening. Ihre Lieder sind dunkel geisterhafte Installationen, fiebrig, kunstvoll, sinnlich. Featuring Mark Lanegan. (Glitterhouse)
Thao & The Get Down Stay Down We The Common ***1/2
Thao Nguyen entzieht sich mit ihrem herrlich ansteckenden Indie-Pop den Kategorien – und addiert dann auch noch Old-School-HipHop-Rhythmus, Soul-Bläser, Freigeist sowie eine Kollaboration mit Joanna Newsom. Get up, stay up. (Domino)
Darwin Deez Songs For Imaginative People ***
Auch Darwin Deez kann man kaum erklären: Der US-Amerikaner spielt kräftig groovenden E-Gitarren-Riffs, dekonstruiert sie aber mit ständigen Taktwechseln, verwirrend programmierten Trommeln und Melodiebögen, für die man tatsächlich einige Vorstellungskraft braucht. Spannend! (Cooperative)
Richard Walters Regret Less ***1/2
Der britische Songschreiber ist ein Meister der Ballade – ob als verwehter Radio-Pop in „Blossom“, ob flehentlich-getragen in „Tethered“ oder als Hymnus in „Tomorrow Begins“. Nur die Stimme erinnert manchmal unangenehm an James Blunt. (Beard Museum/Soulfood)