Short Cuts von Wolfgang Doebeling

Hayden – Skyscraper National Park

Gleich der erste Track titels „Street Car“ evoziert das Idol: Neil Young, wie geistesabwesend und in gemächlichem Tempo den Saiten seiner nachlässig gestimmten Gitarre einen Groove beibringend. Halbfertig klingt das, halbherzig gar und torpid. Doch dann beginnt Paul Hayden Desser, selbst Kanadier, zu singen. Warm, nachdenklich, gelassen, ohne diese Hör-mir-zu-ich-habe-etwas- zu-sagen-Attitüde minder begabter Songwriter. Das Hi-Fi-ferne Ambiente und die schiere Beiläufigkeit der Arrangements unterstreichen die Nonchalance der Lyrik und atmen die Atmosphäre von Youngs Solo-Debüt anno ’69. Nur gelegentlich macht Hayden die Illusion zunichte, wenn seine Stimme ins Slacker-abgeklärte kippt und den Worten so die Unschuld raubt. Die späte Geburt, you know. (LOOSE/ SOULFOOD) 3,5

Susan Alcorn – Uma

Pedal-Steel-Guitar-Elegien aus Texas, jedoch fernab von Country-Pfaden. Alcorn variiert virtuos Blues-Licks mit Jazz-Improvisation, reduziert ihr Spiel mal auf minimalistische Motive oder glänzt durch quecksilbrige Swing-Etüden, schlafft aber hin und wieder ins Meditative ab und suhlt sich in New-Agevetdächtiger, Wellness-Oasen aus Dur und „Du darfst“. Für Weißweintrinkerinnen.

(ULFTONE/EDELCONTRAIRE) 2,0

The Stranglers – Laid Back

Die flauschige Seite der Stranglers, extrapoliert von der kurrenten, Cornwelllosen Besetzung: leichtgewichtige Obskuritäten und alte Favoriten wie „Strange Little Girl“ und „Golden Brown“ traurig verläppert. Wie Marshmellows, deren Haltbarkeitsdatum schon vor Jahren überschritten wurde. Nicht mehr lange, dann wird man die einstigen bösen Buben in einer Punk-Package-Tour bestaunen dürfen, zusammen mit Plastic Bertrand und moderiert von einer pomadigen Pfeife wie Axel Bulthaupt. Deprimierend. (ZENITH/SMIS) 1,5

Alison Moyet – Hometime

Sie hätte den Weg anderer Hit-Chanteusen nehmen, in Blackpool oder auf Kreuzfahrtschiffen auftreten oder das Nostalgiebedürfnis in drittklassigen TV-Shows bedienen können. Stattdessen überrascht Alison Moyet mit einer exzellenten Platte. Assistiert von Gitarrist und Co-Autor Pete Glenister und kreativ produziert von Leuten aus dem Dunstkreis von Goldfrapp und Portishead, singt sich Moyet souverän durch eine musikalisch ergiebige Topografie zwischen Torch, Sixties-inspirierten Balladen, Swamprock, Nu-Soul und Britpop. Beachtlich. (SANCTUARY) 3,5

Peter Murphy – Dust

Was Sie vielleicht nicht wussten: der godfather der Goth-Gemeinde hat, wenn er nicht gerade seine Jünger Mascara-bewafihet mit Bauhaus-Evergreens hypnotisierte, in Istanbul gelebt Was „Dust“ anzuhören ist. Hinter Murphys strenger Stentor-Deklamation dröhnt es bisweilen ungewohnt balkanesk via Oud oder Kamin. Manchmal erinnern Murphys Flexionen gar an die Rufe eines Muezzin. Merkwürdig. (METROPOLIS) 2,0

Boy George – U Can Never B 2 Straight

Singen konnte er schon immer, hier beeindruckt Ol‘ Boy George gar als Poet ohne Peinlichkeit. Das Backing mag banal sein, die Songs sind es mitnichten. Angst essen Seele auf revisited. (virgin) 3,0

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