SHORTCUTS von Maik Brüggemeyer
Picastro 4,0 Become Secret
Auf dem letzten Album der Band aus Toronto, „Whore Luck“, gastierten mit Xiu Xius Jamie Stewart und Owen Pallett alias Final Fantasy, der Picastro auch auf den Alben davor begleitete, zwei Pop-Avantgardisten. Für das neue Werk haben sie sich mit dem Espers-Songwriter Greg Weeks als Produzenten eher einen Traditionalisten als Beistand geholt. Die Songs kriechen, huschen, schleichen in großer Langsamkeit voran, der Klang ist noch spröder und brüchiger geworden, lebt von Nick Storrings kratzendem Cello-Bogen, einem verstimmten Klavier und Liz Hysens albtraumverlorener Stimme. Das erinnert nicht selten an die Briten von Movietone. (monotreme)
Clare And The Reasons 2,5 Arrow
Auch Clare And The Reasons hatten auf ihrem Debüt „The Movie“ mit Van Dyke Parks und Sufjan Stevens namhafte Kollaborateure. Auf dem zweiten Album des Ehepaares aus Brooklyn ist nun Shara Worden von My Brightest Diamond als Gast dabei. Doch auch sie kann diesen Sixties-Reminiszenzen keinen Zeitgeist einhauchen. Und so wird all der um Cläres niedliches Stimmchen arrangierte Wohlklang auf Dauer etwas fad, und „Arrow“ stirbt in Schönheit, (fargo/indigo)
Gigi 3,5 Maintenant
Noch mehr 60s-Referenzen, aber mit Schmiss. Der kanadische Songwriter und Brian-Wilson-Verehrer Nick Krgovich (No Kids, Piano) und der Toningenieur Colin Stewart wollen mit ihrem gemeinsamen Projekt Gigi den Geist der klassischen Pop-Epoche wieder beleben. Live im Studio nahmen sie mit großem Ensemble, zu dem unter anderem als Gastsänger Owen Pallett und die Parenthetical Girls gehörten, 15 schlackenfreie, eigens komponierte Pop-Perlen auf. (tomlab)
Meanderthals 2,0 Desire Lines Ein „Meanderthal“ ist nach der Theorie des US-Soziologen Matthew Tiessen eine neue Art des urbanen Flaneurs, jemand, der dem reibungslosen Ablauf des städtischen Lebens stets im Wege steht. Die sieben auf „Desire Lines“ versammelten Instrumental-Tracks des britisch-norwegischen Duos gleichen Namens stellen dagegen keinerlei Widerstand dar, gehen wohlklingend ambienthaft ins Ohr und hinterlassen dort kaum Spuren. (alive)
Dirk Darmstaedter 1,5 Dirk Sings Dylan
Bisher ist noch jeder Künstler gescheitert an einem Bob-Dylan-Coveralbum. Doch der Ex-Jeremy Days-Kopf macht den größten aller Fehler: Er versucht den Meister zu imitieren, näselt und grummelt sich durch die – wie man zuvor dachte: unkaputtbaren – Klassiker. Beim ersten Auflegen in der Redaktionsstube herrschte blankes Entsetzen. You ain’t Bob, Dirk. (tapete)