Sidsel Endresen – Undertow
Wie mag sich das wohl anhören, wenn eine alte Straßenbahn sich durch die menschenleere Tundra quält und dabei Sturm und Regen wüten?
Wenn Sommerabende so schön und lieblich sind, dass selbst die Vögel nicht mehr singen mögen und dem Himmel lauschen? Kfenn Gitarren sich nicht zügeln wollen und die Sängerin zu imitieren versuchen, wenngleich das gar nicht geht?
Wer immer dachte, solche Fragen müssten auf ewig ohne Antwort bleiben, hat nicht mit den Norwegern gerechnet. Und denjazz stets falsch definiert. „Mit diesem Wort ist heute gar kein Stil, kein Genre mehr wirklich zu beschreiben“, sagt Sidsel Endresen, „der Jazz bedeutet mir nichts anderes als alle Möglichkeiten zu haben. Weshalb ich wahrscheinlich gar keinen Jazz spiele.“ Ziemlich sicher sogar, und beinahe möchte man sagen: auch zum Glück.
Wo die scheue Sängerin auftritt und Lieder als Crossover millenniumsalter, heidnischer Verse zu Trance/Ambient, zu Gitarren-Orgien und manchmal auch bloß getupften Synthesizer-Klängen improvisiert, da lauschen keine Pfeifentaschenträger, da suchen DJs sich ganz frische Inspiration und tanzt die hippe Jugend wie in Trance. Nur nervös, das sollte niemand werden. Die Zeit, sie hat im Land der Fjorde und der langen Winter andere Dimensionen, und kurze Songs sind hier nicht sehr beliebt. Wohl aber eine Künstlerin, die singt, wie dieses Volk sich offensichtlich fühlt.