Sleater-Kinney – The Hot Rock :: Matador/RTD

Willkommen zum vierten Album der amerikanischen Mädchenband Sleater-Kinney. Das fängt sehr behutsam an: Gitarren quengeln unruhig, das Schlagzeug zappelt auf der Stelle – die Spannung steigt Plötzlich kreischt eine hohe, leidenschaftliche Stimme, sie gehört der Sängerin Corin Tücken „Mmmwaaaahh, everything’s changing.“ Und tatsächlich die Musik ändert sich, wird kraftvoller, selbstbewußter. Man sollte diese geradlinige, melodische Musik Power-Pop nennnen. Power-Pop ist ein schönes altes Wort aus der Prä-MTV-Ära, es sagt recht wenig, läßt aber viel Platz für Assoziationen. Auch der Titel des Albums, „The Hot Rock“, ist ein Verweis auf den Glam-Rock der Siebziger, er klingt ziemlich bescheuert, so als hätten ihn sich Aerosmith und Kiss bei einem Saufgelage ausgedacht.

Und um die Querverweis-Tüte vollzumachen: Corin Tucker hat eine wundervolle New-Wave-Stimme: nervös, zickig, unruhig und fordernd – wie die der Sängerinnen von X-Ray-Spex oder The Aupairs. Wie den beiden Post-Punk-Bands aus den späten Siebzigern geht es auch Sleater-Kinney vor allem um eins: den Song, der in drei Minuten zur Sache kommt, der Gesellschaftskritik formuliert, aber auch von Gefühlen spricht.

Deshalb hört sich „The Hot Rock“ oft so leidenschaftlich an (manchmal auch verzweifelt), daß es keine Rolle mehr spielt, ob das musikalisch jetzt wirklich auf dem allerneuesten Stand ist Sleater-Kinney geht es nicht um Stilfragen, eher um die Inhalte und Themen, die sich aus dem lesbischen QueerCore und der Riot-Grrrls-Bewegung entwickelt haben – obwohl Diskurse zum Thema Politik und Geschlecht inzwischen bei der Band aus Portland eine weniger große Rolle spielen, als auf den vorangegangenen Platten.

Sleater-Kinney sind eine ehrlich Band, auch wenn man so etwas nicht schreiben sollte in den Zeiten von Niedecken und Westernhagen. Doch im Unterschied zu diesen alten Heuchlern spürt man bei Corin Tucker & Co. in jeder herausgeschrienen Textzeile und in jedem bratzigen Akkord die Hingabe, die dahinter steckt. Eben prima Power-Pop.

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