Son Lux Lanterns

Das Cover von „Lanterns“, des zweiten Albums von Son Lux, sieht arg nach Sonnenfinsternis aus. Doch Ryan Lott, der Kopf hinter diesem musikalischen Projekt, dreht das Licht ganz langsam heller. „Alternate World“ beginnt sphärisch verhalten, doch man hat von Anfang an schon eine Ahnung, dass jeden Moment ein großes Popfeuerwerk losgehen kann. Das liegt sicher daran, dass man sich -wie schon beim Son-Lux-Debüt „At War With Walls &Mazes“ von 2008 -stark an Sufjan Stevens erinnert fühlt. Wegen der Vokalarrangements, des Gepluckers und Geflötes, des irre gewordenen Schlagzeugs und der nicht unähnlichen Stimme. „Lanterns“ ist noch verstiegener und größer als der Vorgänger. Elektro-orchestraler Pop in Vollendung, der kleine Bruder von Stevens‘ genialischem „Age Of Adz“.(Joyful Noise/Cargo)

Auch die Musik, die das Orchestra Of Spheres so zusammenjammt, hat mal den Zeitgeist geatmet. Allerdings ist das schon etwa 40 Jahre her, und er roch süßlich. Damals nannte man diese Mischung aus Weltmusik, Elektronik und Rock noch Krautrock. Vom Minimalismus und der musikalischen sophistication, die beispielsweise Can auf ihrem besten Album ausmachte, ist „Vibration Animal Sex Brain Music“ allerdings leider weit entfernt, stattdessen setzt dieses Sphärenorchester stellenweise auf mantraartigen Paargesang und allzu gut gelaunte Riffs. (Fire Records/Cargo)

Besser macht es da das Kollektiv Cave aus Chicago. Ihr hervorragendes letztes Album „Neverendless“ folgte in seinem unterkühlten, rhythmischen Minimalismus den klassischen Alben von Neu! „Threace“ klingt jetzt wärmer, lässt auch Jazz, Rock und Weltmusik zu. Grandios vor allem das hypnotische, zwölfminütige Eröffnungsstück „Sweaty Fingers“ und das Fusion-Stück „Arrow’s Myth“.(Drag City)

Ein inspirierter Umgang mit (heimischen) Weltmusiken findet sich auch auf dem Sampler „New German Ethnic Music“. Das Projekt des Journalisten Mark Terkessidis und des Labelgründers Jochen Kühling (Plak Music) wurde von „New American Ethnic Music“ inspiriert, einem Album des US-Komponisten Henry Flynt, auf dem er tradierten Blues, Country und Folk mit elektronischer Musik verband. Terkessidis und Kühling hatten allerdings keine Bearbeitung von Polka und Marsch, Volksliedern und Jodlern im Sinn, sondern begriffen Deutschland analog zu den USA als Einwanderernation und gaben ihrem Album den Untertitel „Immigrant’s Songs From Germany“. Künstler wie Ulrich Schnauss, Gudrun Gut, Guido Möbius, Eric D. Clark und Niobe nahmen sich etwa afrikanischer, vietnamesischer und portugiesischer Musiken an, verfremdeten und erweiterten sie. So entstand ein wohltuend reichhaltiges, aber zugleich wundervoll fließendes Album, das sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten feiert.(Karaoke Kalk/Indigo)

Ein nicht unähnlicher, aber eher historischer Ansatz ist der des Berliner Autors Imran Ayata und des Münchner Künstlers Bülent Kullukcu, die auf ihrer Kompilation „Songs Of Gastarbeiter Vol 1“ Lieder der ersten türkischen Einwanderergeneration versammeln. Humor-und seelenvoll wird hier von Sehnsucht und Heimweh gesungen, von Arbeitsbedingungen und Klischees. Man hört der Musik die Zeit der Entstehung (das neueste Stück stammt von Anfang der Neunziger) und die Herkunft ihrer Schöpfer an, wundert sich, wie mühelos sich die deutsche Sprache auf anatolische Melodien legen lässt und entdeckt das ein oder andere musikalische Kleinod, wie etwa Gurbetci Rızas folkig-groovendes „Dır, Dır“.(Trikont)

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