Soundgarden King Animal
Nach 15 Jahren Albumpause bedienen Soundgarden souverän die Regressionsmode im Hardrock
Seit anderthalb Dekaden das erste Album von Soundgarden. Und es ging ein hörbares Aufatmen durch die Reihen der Fans, als die Werbung für „King Animal“ anlief, Fragmente auf YouTube zu hören waren und schließlich „Been Away Too Long“ ausgekoppelt wurde. Nichts erinnert hier mehr an Cornells letztes Solowerk, das beeindruckend uninspirierte „Scream“. Das mit Vehemenz runtergerockte Eingangsriff macht von Anfang an alles klar, und die Band knüppelt den Song forciert und federnd nach vorn. Wenn der Schalldruck stimmt, findet sich der Rest von allein. Mittendrin spielt Kim Thayil eins seiner atonalen, dilettantisch verschusselten Leads, die Cornell dann wieder melodisch geradebiegen muss, und man darf sich wundern, dass diese Kombination aus noisigem Kontrollverlust und straighter Eingängigkeit immer noch so einen enormen Suggestionsraum eröffnet.
Soundgarden besetzten damals die musikhistorische Gelenkstelle zwischen Metal und Grunge, sie sind das leuchtende Exempel dafür, dass es diesen großen unauflöslichen Gegensatz, den die Musikgeschichte nachträglich konstruiert hat, so nie gab, dass alles schön miteinander verbunden war und die Metalheads Grunge ursprünglich gar nicht als Antagonismus, sondern eher als interessante Variation wahrgenommen haben. „Badmotorfinger“ war ein monströses, genuin schwermetallisches Krachwerk, und Cornell schrie sich die Seele aus dem Leib. Erst „Superunknown“ ging wieder einen Schritt zurück, beerbte den ursprünglichen altvorderen Hardrock, der sich von Garage, Folk und Blues-Rock noch nicht wirklich trennscharf unterscheiden ließ.
Und hier setzt dann auch „King Animal“ an. Die meisten Stücke, etwa „Non State-Actor“ und „A Thousand Days Before“, mit ihren schlurfenden, crunchy Riffs, dem zeppelinesk torkelnden Drums, ihrer leicht psychedelischen Schlagseite, bedienen souverän die aktuelle Regressionsmode, die längst auch im harten Genre angekommen ist. Das kann man nun moderaten Stoner, Seventies-Hardrock oder Grunge nennen. Es ist ziemlich egal, denn die Songs stehen voll im Saft und haben ein Eigenleben entwickelt. Das düstere „Blood On The Valley Floor“ erinnert an die späten Black Sabbath der „Headless Cross“-Ära, die deutlich besser war als ihr Ruf. Das punkaffine, mit seinen infantilen Soul-Pop-Chören sanft verstörende „Attrition“ wäre Josh Homme auch gern eingefallen, „Bones Of Birds“ versucht sich durchaus mit Erfolg als pathetische Grunge-Hymne à la „Black Hole Sun“, und „Taree“ hätte „Fell On Black Days“ auf „Superunknown“ ersetzen können, und alle wären nicht minder zufrieden gewesen.
Das Album scheint gegen Ende etwas auszuplätschern, wenn auch auf hohem Niveau, aber dann kommt mit „Rowing“ noch eine kleine Überraschung, ein knarzig-experimenteller Voodoo-Blues, wie ihn Tom Waits gern spielt. Da kann Cornell noch mal richtig Kehle zeigen. Und wenn er im ersten Stück nicht so lautstark widerspräche, könnte man fast meinen, er wäre zu Hause angekommen. (Universal)