Syd Straw – War and Peace / Kris McKay – Things That Show / Brenda Kahn – Destination Anywhere :: Capricorn / IMS , Shanachie / Koch, Shanachie / Koch

Drei Alben von drei Frauen, die einst mehr Hoffnungen zu schultern hatten, als ihnen lieb sein konnte. Drei Rückmeldungen aus der Etappe.

Remember Syd Straw? (Eine) Stimme der Golden Palominos, dann das erste Solo-Album („Surprise“, Virgin 1989), in acht verschiedenen Studios mit über 30 Klasse-Musikern von unterschiedlichsten Produzenten (Van Dyke Parks, Daniel Lanois, Straw selbst) formlos zerrieben. Da half auch ein schönes Duett mit Michael Stipe nicht viel weiter. Dann das Trauma selbsterlittener Gewalt. Schweigen. Daß Straw ihre so merkwürdig körperlose und doch kaum ätherische Stimme jetzt ausgerechnet bei der ehemaligen Southern Macho-Hochburg Capricorn erhebt, ist von feiner Ironie. „All Things Change“. Eben. Aber es bleibt auch verdammt Vieles gleich. Das ewige Abschiednehmen zum Beispiel. Vor allem aber: „Love, And The Lack Of It“. Träume werden auf-, meistens aber zugeklappt. Straw singt: „I don’t wanna be the voice of this or any generation, I know nobody’s asking me to be.“ Dennoch: „War And Peace“ ist kein bitteres Album. Vielmehr schöne, starke, einfache (Band-)Musik, die Pop und Rock versöhnt, Schmerz in Trotz verwandelt und Enttäuschung in Willenskraft. Musik mit Narben. Linernotes damals: „I’d like to give you all a ride home.“ Linernotes heute: „Remain sensitive.“ Das wollen wir uns gerne merken.

Remember Kris McKay? Schönes Kind der sogenannten „New Sincerity“-Szene im Austin/Texas der Mid- bis Late-80ies, zeitweilig Sängerin bei Michael Halls Wild Seeds. Dann gleich die große Major-Nashville-Produktion („What Love Endures“, Arista 1990) mit Produzent Barry Beckett, der ihre Stimme in weiten Hall-Fluren erstickt statt sie strahlen zu lassen. Ein potentieller Mainstream-Hit (Jon Dee Grahams „One Moment To Another“), der dann doch keiner wird. Schweigen.

Und nun auf einem kleineren Label ein hübsches, „kleines“, konventionelles Song-Werk ohne Pomp und Pose. Wie wohl nur noch Shawn Colvin kann Kris McKay auf einem Album Cover von General Public und Jay Farrar (Son Volt), von Matthew Sweet, Joan Armatrading und Jo Carol Pierce zusammenführen, ohne daß sich das bescheuert, peinlich oder ganz weit hergeholt anhörte. Nicht alles gelingt (relativ schwach: ausgerechnet Michael Halls „Baby You Scare Me“), doch hat sie dafür noch Gutklassiges („Testing 1-2“) aus eigener Feder in der Hinterhand. Ein amerikanischer Kollege verstieg sich mal zu der Einschätzung, jedermann würde seine Telefonrechnung gern zweimal bezahlen, wenn sie nur von Kris McKay gesungen würde. Ich würde sagen: Einmal reicht. Aber lächelnd.

Remember Brenda Kahn? In der Wintersaison 1992/93 mit „Epiphany In Brooklyn“ Sony-Vorführfrau. „Folk-Punk“, raunte das Marketing. Kahn lächelte süß-säuerlich dazu. Dann: lange nichts. Endlich die Ankündigung eines Folge-Albums bei Sony. Bei der bleibt es. Schweigen.

Jetzt bedankt sich Kahn in den Linernotes ihres Shanachie-Einstands bei der „gang at the courtyard“. Smells like trouble. Und wer so unterschiedliche Songs wie den (Heroin-) Rotz von „Spoon“, gleich anschließend das Velvet-würdige „Faith Salons“ und das ausladende Groove-Talking von „No Cure“ gehört hat, kann sich denken, warum es trouble gab. Destination Anywhere“ heißt also: keine Rücksicht auf Verluste. Und wenn’s die Plattenfirma ist. Hieraus läßt sich keine Folk-Prinzessin mehr stricken. Kahn rockt, mit Band, und „alternativer“ als viele, die inzwischen in diese Schublade gepackt werden. Sperriger und zynischer als ihre Schwestern taumelt sie zwischen provinziellem Mief und urbaner Versuchung. Und schreibt dabei immer noch Texte, die einen schwindlig machen können, denn: „Heaven’s just a word for being left behind“ („Omaha“).

Es lebt – und musiziert – sich scheinbar gar nicht mal so schlecht, da hinten in der Frauen-Etappe.

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