Talking Heads :: Once In A Lifetime
Dreh noch einmal den Regler bis zum Anschlag. Spür noch einmal den Groove, den eckigen, den zickigen. Hör noch einmal die Stimme des höflichen Psychopathen. Die Melodieschlaufe von „Cities“. Den infernalischen Groove von „Life During Wartime“. Die Spieluhrmelodie von „This Must Be The Place“. Die Urwald-Apokalypse „Born Under Punches“. Die leichtsinnige Mitsing-Verführung von „Girlfriend Is Better“. Die trockene Protest-Verhöhnung von „Don’t Worry About The Government“. Die tröstliche Schlichtheit von „Found A Job“. Den Gospel-Stoizismus in „Take Me To The River“. Das elegische Stillsein in „The Big Country“. Die schwärmerische Verheißung von „Heaven“. Dieses Rhythmus-Wunder von Tina Weymouth am Bass und Chris Frantz am Schlagzeug, die dann, vollkommen logisch, heirateten.
Die Talking Heads waren die eine Band, die großartig begann, immer besser wurde und großartig aufhörte. Sie umrissen einzigartig die zweite Hälfte der Siebzigerjahre mit vier Alben, die ich jederzeit sogar „Marquee Moon“ vorziehe, weil sie subversiv, paranoid und gescheit waren und weit über sich hinauswiesen. Zwischen dem unheimlichen Debüt „77“ und dem unglaublichen Meisterwerk „Remain In Light“ lagen drei Jahre und die Analyse des zeitgenössischen Amerika, seiner Zeichen und Symbole, seiner Architektur und Topografie, seiner Gleichgültigkeit und seiner Kälte, seiner Städte und seiner Provinz, seiner Versprechen und seiner Verdammnis. Die Musik steigerte sich von Buchhalter-Disco zu kosmischem Funk. Die Talking Heads waren subversiv, weil sie den Status quo bloß besangen. Sie kamen niemals, um sich zu beschweren, denn ein paar ihrer Liebsten waren selbst Beamte.
Mit der definitiven Live-Platte „The Name Of This Band Is Talking Heads“ machten sie eine Zäsur, waren bei „Speaking In Tongues“ als Künstler und Diskotheken-Feger anerkannt und lieferten mit dem schlauen, vollkommen hohlen „Stop Making Sense“ die Platte und den Film der Achtziger schlechthin: ein Konzert, bei dem das Publikum nicht mal als Staffage interessiert, eine Ekstase, die um sich selbst kreist. „Little Creatures“ täuschte 1985 gemütlichen Mainstream vor („Brothers In Arms“ regierte) und warf den absurden Smash-Hit, ,Road To Nowhere“ ab. Dann drehte David Byrne „True Stories“ und nahm die Ethno-Schlager mit der Band auf. „Naked“ schließlich war die Vision vom Ende aller Shopping-Mails. (Nothing but)flowers.
Drei CDs, einige alternative takes, eine DVD mit den kunstsinnigen Videos, „Storyteller Giant“. Aufsätze, Erinnerungen, letzte Worte. Promotion-Fotos, Backstage-Pässe. Noch einmal aufdrehen. Remain in light.