Terry Lee Hale

Leaving West

Glitterhouse / EFA

Er schien seßhaft geworden. Jedenfalls wurde der Name Terry Lee Hale zuletzt genauso selbstverständlich in einem Atemzug mit Seattle genannt wie der seiner Förderer und Freunde von den Walkabouts. Doch kann einer, der in den 43 Jahren seines einen Lebens schon mehr Orte er- und belebt hat als die meisten von uns es in nicht mal ca. sieben Leben schaffen würden – kann so ein unsteter Vagabund überhaupt jemals wirklich seßhaft werden?

Kaum. „Leaving West“ transportiert schon im Titel die neue Perspektive, die Haie einem längeren Aufenthalt in der französischen Bretagne verdankt, wo auch bereits die Demo-Versionen dieser 14 Songs erstellt wurden. Das vierte Glitterhouse-Album des knorrigen Songwriters aus San Antonio handelt also – wieder mal – vom Verlassen und vom Abschiednehmen („Regrett“, „Cheyenne“, „I Don’t Know“). Vor allem aber vom Ankommen. Was nicht so paradox ist, wie es möglicherweise wirken muß. Denn angekommen ist Terry Lee Haie vor allem bei sich selbst. Nie larmoyant, kaum selbstgefällig, dokumentiert „Leaving West“ den Burgfrieden, den er mit seinem Alter ego in den Songs geschlossen hat. Ein letzter Zweifel bleibt zwar immer, aber die Verzweiflung hält sich in gesunden Grenzen. In „Say It And See“ bilanziert der alleinerziehende Vater endlich und ganz nüchtern die Beziehung zur Mutter seiner Tochter. „She’s got scars and I’ve got the daughter.“ Doch die Liebe bleibt, doch noch. In dem wunderbaren Liebeslied „One Single Rose“ ist alle Glückseligkeit, alles Sehnen verdichtet. Und doch singt Haie: „So I am fortunate but I am stunned.“ Erstaunen auch im kaum weniger wunderbaren „Tonight“, das Dating-Rituale in einer Fred-Astaire-Hommage aufgehen läßt. „Can anybody love? Can you and me?“, verzagt Haie fast, weil ihn die Konsequenz einer Antwort erschauern läßt.

Der Exodus nach Europa hat auch musikalisch gravierende Spuren hinterlassen. Multi-Instrumentaüst und Arrangeur Bruce Wirth ist es dabei wohl in erster Linie zu verdanken, daß die Vision eines lebendigen Miteinanders aus US-Roots-Elementen und europäischer Zirkusliedtradition keine schöne Fiktion bleibt. Zwischen aufgedrehten Stomps, elegischen Waltzes und unvermeidlichen Abgesängen („Slow Poison“) finden selbst formale Experimente („Baby Bean“), das Instrumental-Requiem „Was A Friend“ (noch ein Abschied) und ein launiger Zigeuner-Swing den passenden Platz.

So ist man geneigt, die Wirkung von „Leaving West“ mit einer Zeile von Terry Lee Haie selbst zu charakterisieren: „A friend indeed, sang his songs for me.“ Mehr kann man manchmal kaum verlangen.