The Byrds – Sweetheart Of The Rodeo :: Columbia

Die Reputation von op. 6 der Byrds gründet sich auf der immer noch gern kolportierten Behauptung, das sei ein bahnbrechender Meilenstein für diesen Bastard namens Country Rock gewesen. Ohne die Allgegenwart von Roger McGuinn wäre „Swetheart Of The Rodeo“ das möglicherweise tatsächlich geworden. Die Voraussetzungen dafür waren nicht schlecht Chris Hillman brachte seine Bluegrass-Vergangenheit mit ein. Der dafür eingeflogene Gitarrist Lloyd Green bürgte als Session-As an der Pedal Steel für Country & Western-Wonnen pur. Der von Folk zu Country Music konvertierte Gram Parsons steuerte hochkarätige Songs wie „Hickory Wind“ bei. Dass man das alles ernst meinte, bezeugten Cover-Versionen wie „Blue Canadian Rockies“ oder Merle Haggards „Life In Prison“.

Unerhört schließlich: Zum ersten Mal überhaupt nahm eine Rock-Band einen Song der Louvin Brothers auf! Roger McGuinn in „This Christian Life“ singen zu hören darüber, dass seine Kumpel ihn meiden, seit er sich Jesus zugewandt und die Freuden des Christenmenschen kennengelernt hat, war nach all dem, für das diese Band stand, allerdings doch ziemlich gewöhnungsbedürftig.

Da konnte man McGuinn noch halbwegs abnehmen, dass er bereue, es mit der ehelichen Treue nicht ernst genommen zu haben. Aber nicht nur Louvin Brothers-Fans mussten seine Deutung von „The Christian Life“ als sarkastische Satire empfinden, so schnarlend, wie er da das „I liiike“ zerdehnte und die Originalaufnahme mit Gram Parsons ab Sänger in der (Be-) Deutung ins genaue Gegenteil verkehrte.

Mit viel Pedal-Steel-Gitarre und ein wenig Honky-Tonk-Piano im Hintergrund bei „Nothing Was Delivered“ hatte man die beiden Dylan-Cover als erste sowie letzte Aufnahme des Albums auf Country-Kurs getrimmt. Aber auf dem acht Monate vorher veröffentlichten ,John fVesley Harding“ waren „Down Along The Cove“ und „I’ll Be Your Baby Tonight“ mehr „country“ als fast alles hier mit Ausnahme der beiden Originalkompositionen von Gram Parsons.

Ein „ehrenwertes Experiment“, meint Chris Hillman nachträglich in den Liner Notes einmal mehr. Für Gram Parsons damals nur alles nicht konsequent genug. Einige seiner besten Ideen hatte man im Lauf der Sessions einfach verworfen, und am Ende wurden bei diversen Aufnahmen auch noch einige seiner Gesangsspuren durch neu zugemischte von McGuinn ersetzt, weil er noch mit der International Submarine Band bei Lee Hazelwood unter Vertrag stand. Dass er dann bald den Bettel hinwarf und mit Hillman die Flying Burrito Brothers gründete, das hatte wiederum ganz andere Gründe. Die freundlichen bis reservierten Kritiken, die „Sweetheart Of The Rodeo“ erhielt, dürften ihn schon nicht mehr berührt haben.

Einige der maliziösesten Formulierungen flocht Barry Gifford im ROLLING STONE vom 14. September ’68 ein. „The new Byrds don’t sound like Bück Owens and his Buckaroos“, schrieb er dort, um mit dem eigentlich vernichtenden – Urteil fortzufahren: „They aren’t that good.“ Die Platte sei zwar nicht prätentiös, nur „pretty“.

Und einen Song wie „Life In Prison“ solle man doch besser in Merle Haggards eigener Aufnahme hören. Die sei wenigstens ehrlich und nicht „too professional, too well laid out and unsympathetic“. In der nächsten Ausgabe verteidigte Jon Landau umgehend die Band und ihre Vorstellungen von Country Rock auf einer ganzen Seite gegen so viele heftige Vorwürfe.

Allen Versuchen der PR-Abteilung von Columbia, die „neuen Byrds“ als gestandene Country-Fans zu verkaufen, war nur mäßiger Erfolg beschieden. Für die Hippies war das alles zu viel Hinterwald, für die Country-Gemeinde zu wenig und nicht so recht glaubwürdig. Dass man aus den Sessions trotzdem ein noch größeres Album hätte destillieren können, dokumentieren die vom 1991 erschienenen Box-Set her bekannten Aufnahmen auf der ersten CD. Selbst Gram Parsons auf Chuck Berrys Spuren – mit „Lazy Days“ – hätte in den Country-Rock-Text gepasst. Auch das mehr rockige denn nach Country klingende „Reputation“. Und natürlich die aus juristischen Gründen „ausradierten“ Ur-Aufnahmen mit Gram Parsons als Sänger. Letztlich sogar das mit keltischer Folklore flirtende Bluegrass-Stück „Pretty Polly“ aus der Feder von Mc-Guinn und Hillman, hinter dem eine universellere Idee von Country-Rock stand. Das von Parsons mit viel Soul-Emphase gesungene „You Don’t Miss Your Water“ sowieso. Bis heute eine seiner ganz großen sängerischen Leistungen.

Die gute Stunde Bonus-Tracks auf der zweiten CD sind schon mehr ein mixed bag-. ein halbes Dutzend Rock- und Country-Songs der Internationa] Submarine Band mit GP, einige teils ganz wunderbare Session-Outtakes wie Parsons‘ „Nashville-Version“ von „Hickory Wind“ und jede Menge „rehearsal versions“, von denen etliche locker so gut sind wie die final mästen. Vic Anesini hat sich aller Bonus-Tracks noch einmal sachverständig beim Remastering angenommen, auch der vom alten Box-Set her bekannten. Und wie es sich für so eine Fan-Edition gehört: prima, obgleich naturgemäß unkritische Liner Notes von David Fricke.

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