The Decemberists :: The King Is Dead
Colin Meloy kommt bei Country-Schwof und Folk-Glorie an.
Wie so viele Indie-Hoffnungen hatte man auch die Decemberists schnell aufgegeben, was im Fall der Band aus Portland ungerecht ist. Eine Handvoll guter Songs hatte Sänger und Songwriter Colin Meloy stets in seinem Wandergepäck, jedoch ging ihm eben bereits nach dem gefeierten „Picaresque“ der viel zitierte, oft ja nur behauptete und von manchem Kritiker immer mal wieder für obsolet erklärte „Indie-Charme“ ab.
Auf „The King Is Dead“ sind die Decemberists nun endgültig bei Country-Schwof und Folk-Glorie angekommen. Und die Reise hat sich gelohnt. Beim Intro von „Don’t Carry It All“ schaut man kurz irritiert nach, ob man nicht versehentlich Tom Pettys „You Don’t Know How It Feels“ aufgelegt hat. Tatsächlich haben einige Songs auf „The King Is Dead“ das Zeug zum Klassiker. Der „Calamity Song“ klingt mit seinen Jingle-Jangle-Gitarren, als hätten ihn R.E.M. bei den Aufnahmen zu „Fables Of The Reconstruction“ vergessen, „Rise To Me“ begeistert mit Pedal-Steel und Mundharmonika. Whiskeytown kann wahlweise als Referenz gelten, oder auch die „Mermaid Avenue“-Platten von Billy Bragg & Wilco.
Aber das Entscheidende ist Colin Meloys stoischer Vortrag bei diesen eindringlichen Liedern. „On a winter’s sunday I go to clear away the snow and green the ground below“, singt er in „January Hymn“, dass es einem das Herz wärmt und man glatt die Kanne Zimt-Ingwer-Tee auf dem Stövchen vergisst.
Nach dem konzeptionell überambitionierten „The Hazards Of Love“ fühlte sich Meloy „leergeschrieben“, wollte sich auf „normale“ Songs besinnen und Spielfreude walten lassen. „The King Is Dead“ ist eine Befreiung von Anspruch und Erwartung. Long live the King! (Rough Trade/Beggars)
Max Gösche