The Grateful Dead :: The Golden Road

Auf zwölf CDs wird die erste Phase der Hippies glänzend dokumentiert

Mo Ostin und Joe Smith konnten gottfroh sein, dass sie in den 60er Jahren Frank Sinatra mehrheitlich aus seinem Reprise-Label ausgekauft und Gruppen wie Peter, Paul & Mary oder die Jimi Hendrix Experience unter Vertrag hatten. Die sorgten mit Millionensellern für den nötigen cashflow. Dieser junge Mann, dem Reprise-A&R-Manager Lenny Waronker zutraute, dass er es bringen werde und dessen Debüt er darum „Randy Newman Creates Something New Under The Sun“ betitelte, erwies sich mit seinen LPs erst mal als Flop. Wunderkind Van Dyke Parks auch. Aber zumindest verlor man da nicht viel Geld.

Ganz anders war das bei dieser Hippie-Gruppe aus San Francisco, die man 1966 unter Vertrag nahm und der man praktisch carte blanche gegeben hatte. Sie hatte es unter ihrem neuen Namen The Grateful Dead mit zahllosen Gratis-Konzerten zu großer lokaler Popularität gebracht. Jerry Garcia, primus inter pares in dieser ziemlich demokratisch verfassten Kommune, galt auch bei Kollegen, wie denen von Jefferson Airplane, als musikalischer Guru und spiritus rector der Psychedelic-Rock-Szene. Nur machten Jefferson Airplane mit ihrer zweiten LP schon das große Geld, während die Grateful Dead bald ein paar hunderttausend Dollar in den Miesen waren und das Geld der Warner-Brüder vernichteten, sprich in aufwändige Produktionen steckten, die – das Debüt genauso wie „“Anthem Of The Sun“, „Aoxomoxoa“ und das erstmals auf 16-Spur-Maschine aufgezeichnete „Live Dead“nur ihre Fan-Gemeinde kaufte.

Sehr merkwürdige Ideen hatten die viele Jahre mit LSD experimentierenden und ziemlich ausgeflippten Typen manchmal auch. Als die Kollegin Janis Joplin beim ersten Meeting den an einem Plattenvertrag interessierten Columbia-Boss Clive Davis in Gegenwart ihrer Big Brother & The Holding Company-Jungs fragte, ob er es gleich hier im Büro mit ihr auf dem Tisch treiben wolle, war das noch eine mehr private Angelegenheit. Als gar nicht mehr so privaten Scherz befand Joe Smith die Nachricht aus dem Grateful Dead-Laget, man wolle das nächste Album „Skullfuck“ nennen. Da hatte die Band mit „Workingrnan’s Dead“ und „Amertcan Beauty“ gerade erst zwei LPs eingespielt, die es tatsächlich in die Top 30 der Hitparade geschafft hatten, und jetzt das. Also beraumte der von Magengrimmen geplagte Smith eine Konferenz an, in der er der versammelten Hippie-Kommune darlegte, dass eine Platte mit dem Titel „“Schädelfick“ diesen Erfolg seines Erachtens gewiß nicht wiederholen würde. Nach allgemeinem Palaver einigte man sich auf den schlichten Titel „“Grateful Dead“.

Wenig später ging die ganze Kommune auf große Europa-Tournee, bei der sie ab große Idole der counter culture gefeiert wurden. Das Triple-Live-Album „Europe ’72“ war eigentlich das letzte reguläre ihrer Warner-Ära, das schon im Februar 1970 im New Yorker Fillmore-Tempel mitgeschnittene „“History Of The Grateful Dead, Vol. l (Bear’s Choice)“ nurmehr das übliche, mit dem man einen Vertrag zuende bringt.

Unter den 15 Stunden Aufnahmen dieses ganz passabel remastered kommenden Box Sets findet man auch die frühesten, als die sich noch Warlocks nennende Band von den Byrds, Rolling Stones und Them inspiriert war, Blues und Folk-Rocker spielte. Und mit „“Cold Rain And Snow“, dem ersten Country-Song, einen Vorgeschmack und „American Beauty“zu ihren Meisterwerken machte. Vor den Live-Mitschnitten der zweiten CD werden sie als „the oldest juveniles in the State of California“ vorgestellt. Das sind sie wohl auch bei den Dutzenden hier als Bonus-Tracks dokumentierten Konzertaufnahmen geblieben. Nur spielten sie da nicht mehr Slim Harpo-, Dylan- und Willie Dixon-Vorlagen oder Traditionais wie „“He Was A Friend Of Mine“ (Material, das damals von Byrds bis Stones viele besser drauf hatten), sondern die Klassiker aus dem Garcia/Hunter-Songbook. Das dann doch nicht „“Skullfuck“ betitelte Live-Doppelalbum, auf dem sie noch einmal viele Cover-Versionen spielten, ist darum sicherlich nicht ihr stärkstes und auch kein typisches.

Im übrigen war opulenter als dies Box Set bislang nur die 10-CD-Deluxe Edition „“The Complete Hank Williams“ vor zwei Jahren aufgemacht. Hier findet man reichlich Songtexte, ganz süperbe Linernotes und Tonnen an Informationen, von denen manche selbst für Deadheads neu sein dürften. Nur über die etwas dunkleren Seiten dieses dann doch langen, merkwürdigen Drogen-Trips schweigen sich die Linenotes beharrlich aus.

Darum noch diese kleine Anekdote: Beim Frühstück während der Europa-Tournee mit Kind und Kegel in einem Hamburger Luxushotel versammelt, kommt das Gespräch plötzlich auf den Erfolgsfilm, mit dem Dirty Harry alias Clint Eastwood mit seiner Magnum zum Helden wurde. „It’s scary, isn’t it?“ fragt Donna Godchaux, als Sängerin erstmals mit den Dead auf Tour.

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