The High Llamas :: Talahomi Way
Sean O’Hagan, der Meister. Kaum ein anderer Zeitgenosse hat es beim Nachstellen von Brian Wilson und Burt Bacharach zu solcher Expertise gebracht – und ist dafür so oft gescholten worden. Durchaus zu Recht; manchmal schmälerte das überdeutliche Epigonentum das Vergnügen.
Die Alben des neuen Jahrtausends brachten die verschiedenen Spielarten der High Llamas – Beach-Boys-Psychedelik, britischer Chamber Pop, Easy Listening, Steely-Dan-Jazz, 60s-Soundtracks – zusammen, dazu kam eine Hinwendung zum organischen Klang. Auf „Talahomi Way“ sind die Trommeln etwas lauter als zuletzt, und insgesamt spielt die Perkussion eine größere Rolle. Doch ansonsten entdeckt man nicht viel Neues. Auf der Konzertgitarre erklingen geschmackvoll aneinandergereihte Major-Sieben-Akkorde, manche Lieder sind instrumental, manche jedenfalls fast. Öfter sind die Gesänge doppelt und dreifach, dann klingen die High Llamas, als würden Alan Parsons Project ein Lied von Burt Bacharach singen.
Das schönste Stück steht gleich am Anfang. In „Berry Adams“ singt O’Hagan mit John-Lennon-Stimme zu vergeisterten Cembali. Das Lied handelt von einem Automechaniker, der nach getaner Arbeit runter zum Strand geht, um ein Lied zu schreiben, das ihm den ganzen Tag im Kopf herumging. Auch O’Hagan geht zum Strand und schreibt Lieder, immer wieder – Talahomi ist ein fiktiver Ort und eine Art Utopia, in der man wohl für immer Jazzakkorde schlagen und Fünfklänge schichten kann.
In der richtigen Welt ist diese Utopie auf Dauer eine Herausforderung. Nicht selten scheinen die kunstvollen Arrangements Selbstzweck zu sein, eine intensive Beschäftigung mit der Draperie, denen im Kern die Lieder fehlen. Ein Missverständnis vielleicht. Doch man kämpft nach der ersten Viertelstunde gegen die schwindende Aufmerksamkeit. Darf man das sagen? Man will ja die große Errungenschaft nicht schmälern. Denn natürlich ist O’Hagan ein tadelloser Musiker, seine Platten außerordentlich. (drag City/Rough Trade) Jörn Schlüter
Subtil unterspielt