The Hold Steady. Almost Killed Me. Separation Sunday

Anlässlich von „Boys And Girls In America“ war zu lesen von Adoleszenz-Dramen, einer Bar-Band in der Nähe von Springsteen und Bob Seger, von Provinz und Eloquenz und Kurzgeschichten-Magie. The Hold Steady klingen nach Amerika,und sie handeln von Amerika. Sie sind bloß keine erfolgreiche Band in Amerika.

Nun werden „Almost Killed Me“ (2003) und „Separation Sunday“ (2005) auch in Europa veröffentlicht, und man wird den Eindruck von dieser Musik ein wenig korrigieren müssen. Craig Finn hält mit stoischem Sprechgesang glühende Vorträge über rustikalem Garagen-Rock zwischen MC 5. den Stooges und AC/DC, einem knochentrockenen, statischen Sound, der seitdem etwas subtiler gestaltet wurde. Auf „Almost Killed Me“ aber hat Finns grimmige Berichterstattung die Unmittelbarkeit und Dringlichkeit eines Rechenschaftsberichtes, er hetzt durch die (drei) Jahrzehnte seines Lebens. Dennoch ist in dem herrlichen Krach von „Most People Are DJs“ auch noch Platz für ein zünftiges Gitarren-Solo. Es ist eine der schweinerockigsten Platten, die je von Eierköpfen aufgenommen wurden, und zugleich das Äquivalent eines Kneipen-Lamentos.

Craig Finn war von Beginn an ein großer Romantiker. In „Certain Songs“ erinnert er an „certain songs they scratched so in our souls“ – „and theMeat Loaf to the Billy Joel„. „Paradise by The Dashboard Light“ kommt auch vor. Und „Ellen Foley gave ushope“. Die Essays von Jim De-Rogatis und Rob Sheffield sind hier Songs geworden, und dafür lieben die Rock-Journalisten The Hold Steady.

Zugleich ist Craig Finn der Kevin Smith der Rockmusik: Die Plätze seiner Jugend und Gestalten wie Charlemagne tolgen ihm durch seine Lieder (oder er verfolgt sie),und gemeinsam durchstreifen sie das Amerika der Trivialmythen. Seit Tom Waits und Springsteen ist die Popkultur aber schon ein Universitätsfach geworden – auch das reflektieren TheHold Steady mit ihrem formal kaltschnäuzigen und schmucklosen Vortrag. Das Saxofon- und das Gitarren-Solo in „Hostile, Mass.“ sind so offenkundig Zitate wie auf einem Album von Moneybrother.

Separation Sunday“ (4,0 ) ist bestimmt die anspruchsvollere Platte, es gibt noch mehr Verweise und raffinierte Wortspiele. Die schiere Brutalität des Debüts fehlt hier allerdings, Craig Finn bemüht sich ums Singen, und die rau-Dauzigen Songs scheinen sich :u wiederholen. Wahrscheinlich gibt es nicht mehr viele Ausdrucksmöglichkeiten für The Hold Steady, ohne dass sie wie Tom Petty & The Heartbreakers klingen. Sie können sich nur noch in die Bands verwandeln, von denen sie bisher bloß erzählt haben. (PIAS)

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