The International Submarine Band – Safe At Home
Gram Parsons erster Geniestreich in Sachen Country Rock Die Legende vom geborenen Country-Rock-Pionier hatte Bob Irwin mit der vor einiger Zeit von Sundazed veröffentlichten CD „Another Side Of This Life – The Lost Recordings Of Gram Parsons 1965 -1966“ schon gründlich entzaubert. Wie so viele vorher begann Gram Parsons seine Laufbahn als Folkie und großer Bewunderer von Koryphäen wie Fred Neil, Reverend Gary Davis, Tom Paxton und Buffy Sainte-Marie.
Wieso er mit der International Submarine Band zur Country Music konvertierte, die er früher hasste, zumindest ziemlich verachtete, erklären die Liner Notes vom notorischen Parsons-Deuter und Musiker Sid Griffin zum neuen Remake dieser ersten und einzigen LP der Band nicht wirklich plausibel. Angeblich fand Lee Hazlewood die Idee prima, dass diese Länghaarigen Country-Songs aufnehmen würden. Gäste waren bei den Sessions unter anderen der wie immer zuverlässige Glen Campbell und der ebenfalls ungenannt bleibende Don Everly.
Kommerziell war das Ergebnis ein völliger Flop, künstlerisch aber nichts weniger als spektakulär. Den Misserfolg konnte Parsons – wie Griffin auch das kenntnisreich wieder mal erläutert – mühelos verkraften: Aus der Familien-Stiftung bekam er jährlich zweimal schlappe 50 000 Dollar ausgezahlt. Da bekümmerte es ihn herzlich wenig, dass Hazlewood ihm wegen Vertragsbruch drohte, als er mit den Byrds „fremdging“ und bei den Aufnahmen zu „Sweetheart Of The Rodeo“ eine oder besser gesagt: die maßgebliche Rolle als Spiritus rector des ganzen Projekts übernommen hatte.
Ohne die Bedeutung dieser LP im mindesten schmälern zu wollen, kann man doch mit Fug und Recht behaupten, dass „Safe At Home“ die mindestens so formidable, wenn nicht formidablere Songkollektion – und nicht nur die Geburtsstunde, sondern auch eine der größten Sternstunden des Country Rock war. Mit einigen frühen „lost recordings“ (darunter „Brass Buttons“ und „November Nights“) hatte Parsons schon überzeugende Kostproben seiner Songschreiber-Qualitäten gegeben. Nur erstklassiges Material steuerte er dann zur ISB-LP bei, neben „Blue Eyes und „Strong Boy“ Klassiker wie „Luxury Liner“ und, ,Do You Know How It Feels To Be Lonesome“. Auf dem original reproduzierten Cover äußert sich Duane Eddy über diese Band: „They’re one of the best country sounds I’ve ever heard and Gram Parsons should become a big country Artist; a big Artist period! I hear die same George Jones, Buck Owens ,soul‘.“ Das war mal nicht übertrieben!
Nicht von diesen genannten Künstlern, sondern von Merle-Haggard-, Jack-Clement- und Johnny-Cash-Vorlagen hatte die Band tolle Cover-Versionen aufgenommen. Das „Folsom Prison Blues/That’s All Right“-Medley ist die einzige Konzession an den Rock’n’Roll. Haggards „I Must Be Somebody Else You’ve Known“ erklingt dagegen als Country pur.
Hazlewood erwartete angeblich, dass die Band sich zur üblichen Promotion-Tour aufmachen würde. Aber Chris Hillman lud Parsons zur Probe ein. Der überzeugte beim „Test“ und wurde – für eine kleine Weile -Mitglied der Byrds. Als man sich bei Columbia dafür entschied, dass all seine für „Sweetheart…“ aufgenommenen Gesangsspuren durch neue von Roger McGuinn ersetzt werden mussten (weil er ja immer bei Hazlewood LHI offiziell unter Vertrag stand), war auch das schon wieder Vergangenheit. Nächster Stopp, wenig später: die Flying Burrito Brothers.
Seit 1979 gab’s die Shilo-LP der International Submarine Band in den USA, England und Japan (hier zu Lande immerhin importiert) in immer neuen Editionen, einige davon praktisch Mono-Remixes der Vierspur-Multitracks. Gänzlich anders klingt die hier von Sundazed remastered vorgelegte Fassung der Stereo-LP vom März 1968. Bei den Vorbereitungen dazu auf einem Band zufallig entdeckt und nun veröffentlicht: eine damals von der ISB aufgenommene Version von „Knee Deep In The Blues“.
Warnung: Auch mit diesem Bonus-Track bringt es die CD auf die Spieldauer von gerade mal einer Minute mehr als Bob Dylans knappe „Nashville Skyline“. War vermutlich halt eine Klasse-statt Masse-Strategie, in beiden Fällen.
