THE JAYHAWKS – SOUND OF LIES :: American/RCA
Was die Jayhawks bewogen hat, sich kaum 18 Monate nach ihrem Split wieder zusammenzufinden, muß noch genauer eruiert werden, doch braucht es keine Kristallkugel, um zwei konstitutive Momente dafür auszumachen. Geld in erster Linie. Die ‚Hawks sitzen auf einem Schuldenberg, heißt es. Das zweite hat damit zu tun: Roots-Rock hat endlich wieder Konjunktur: Das war vor fünf Jahren anders. „Hollywood Town Hall“, die erste von einem breiteren Publikum wahrgenommene Jayhawks-LP, wurde gar als Pioniertat gefeiert für ein bloß embryonales Country-Rock-Revival.
Das hat längst das Licht der Welt erblickt und ist gerade dabei, dem Krabbelalter zu entwachsen und erste Gehversuche zu machen. Und wie es so ist mit den geliebten Kleinen: Sie werden verwöhnt, von den stolzen Eltern (sprich: Musikern) sowieso, aber auch von vernarrten Verwandten. Patenonkel des Neo-Country Rock ist das Magazin „No Depression“. Hier wird der Wonneproppen gehätschelt und in Watte gepackt, was ihm natürlich gefallt, jedoch nicht eben geeignet ist, seine Widerstandskräfte zu wecken und seinen Charakter zu stärken. Und so ist es natürlich kein Wunder, daß von der allgemeinen Euphorie immer mehr mediokre Acts hochgeschwemmt werden, die oftmals nur mit ein paar wohlklingenden Sound-Blasen aufwarten können, eine Pedal Steel hier, ein paar hübsche Harmonies da. Country-Schlock.
Die Jayhawks sind auf dieses Feucht-Biotop nicht angewiesen. „Tomorrow The Green Grass“, prophezeite ihr Meisterwerk, aber bitteschön aus eigener Kraft, wuchernd, nicht im Gewächshaus wohlmeinender Stilzüchter. Vor allem aber: ohne den künstlichen Dünger salbungsvoller Roots-Rhetorik. Das gilt erst recht für „Sound Of Lies“, ein lupenreines Rock-Album, unverschämt mainstreamig, und nur an wenigen Stellen noch mit Country-Tand geschmückt. Mark Olson, vordem zuständig fürs Filigrane und Feinsinnige, ist nicht mehr dabei, und so besinnt sich das verbleibende Quartett aus Minneapolis auf seine übrigen, nicht unbeträchtlichen Tugenden, die in runden, soliden Songs bestehen und einer straighten No-Nonsense-Instrumentation mit herber Harmonik. Das erinnert an die Burritos ohne Gram Parsons. Die konnten mit Rick Roberts natürlich nie mehr anknüpfen an das epochale Debüt „The Gilded Palace Of Sin“, zogen sich aber mit hochmusikalisch realisierten Songs achtbar aus der Affare. Möge das als Lob verstehen, wer kann.