The Mighty Wah! – Songs Of Strength & Heartbreak
Das war’s. Den Mann würde man nicht mehr wiedersehen, da war man sich sicher. Erst drohte er der Ex-Geliebten und ihrem neuen Lebensabschnittsgefährten auf unschöne Weise per Telefon mit Vergeltung, dann entging er bei einem Unfall selbst knapp dem Tod. Die daraus resultierende Rückenverletzung setzte ihn zumindest länger außer Gefecht. Dreißigmal verriegelt – und doch wurde die Tür plötzlich wieder aufgerissen. Da stand er wieder, der Pete Wylie – so als wäre nichts geschehen. Und lieferte mit einem Paukenschlag die „Heart As Big As Liverpool E.P.“ ab, als wäre seine letzte Platte von 1991, „Infamy! Or How I Didn’t Get Where I Am Today“, niemals ein Flop gewesen und dies sein allererstes Comeback. Und was macht seine Plattenfirma Columbia? Schlägt die Tür einfach wieder zu. Was macht Wylie, der sich mal Shambeko!, Say Wah!, selten Wylie und meistens The Mighty Wah! nennt? Reißt sie erneut auf und schaut triumphierend in die Menge. Mit etwas mehr Bauch, etwas weniger Haar, aber immer noch mit denselben Toten- und Adlerkopfringen an den Fingern wie vor 15 Jahren. Mit derselben Begeisterung für erschütternde Melodien und überirdischen Soul. Vor Jahren schrieb er den Song „Come Back“ über die Bewohner von Liverpool, und weil eh keiner zurückkommt, tut er das eben selbst. Ätsch, noch ein Plattenvertrag, noch ein Album. Noch einmal Pathos zum Abwinken.
Die Zeit, sie steht still. Haben wir wirklich das Jahr 2000? Oder doch noch immer 1984? „Songs Of Strength & Heartbreak“ hatte genauso gut vor 20 Jahren erscheinen können. So eine Platte, die einem die Tränen in die Augen treibt, macht heute keiner mehr. Kein Julian Cope, kein Ian McCulloch, mit denen Pete Wylie einst in Liverpool als Crucial Three umtriebig war. Keiner vermittelt einem mehr so sehr dieses „You-and-me-we-can-rule-the-worldfeeling“ und singt die traurigsten Lieder der Welt mit so viel Freude und Inbrunst. Lieder von strengh & heartbreak, Lieder über das, was Galgenhumorist Wylie „optimisery“ nennt. Er, der einzige Brite, der mit Größe untergeht. Mit ihm bestenfalls noch der FC Liverpool: „Heart As Big As Liverpool“ ist ein Song größer als zehn Jahre Premier League, und musikinteressierte Fußballfans berichten, der Song sei auf dem besten Wege, das neue „Ferry Cross The Mersey“ zu werden. Hat Michael Owen The Mighty Wah!-Platten zu Hause? Wenn nicht, Michael Caine hat sie!
Vergesst die neue Oasis, vergesst die Richard Ashcroft, vergesst vorab die kommende Radiohead, vergesst alle Idlewilds und Stereophonics. Vergesst Rest-Britannien. Vergesst alles. Wylie hat uns gerade die UK-Platte des Jahres beschert. Und dennoch wird er es leider wieder tun müssen: das Mit-Größe-Untergehen. Wie soll ein Mann in Zeiten wie diesen mit so etwas den Durchbruch schaffen? Nach all dem, was er schon versucht hat? The story of the blues,part 47. Jetzt auf das Comeback im Jahre 2007 freuen!