The Residents :: Animal Lover

Überholte Avantgarde: brav anspruchsvoll, nur vorgeblich originell

Das erste, 1973 veröffentlichte Album trug den Titel „Meet The Residents„. Auf dem Cover hatten sie einfach die Gesichter von John, Paul, George und Ringo mit lustigen Eckzähnen und Stoppelbärten übermalt, ansonsten sah alles aus wie auf „Meet The Beatles„. Klar gab das Arger. Aber der war nichts gegen den Wirbel um „The Third Reich’n’Roü“: Ein Cover voller Hakenkreuze plus einem Möhren knabbernden Nazi – passend zum Songtitel „Hitler Was A Vegetarian“. Die Musik der frühen Residents war unvergleichlich neu, grandios, eigenwillig und satirisch. Es gab Anklänge an Jazz, Elektronik, Krautrock, Neue Musik, Rock und immer wieder die großen Mythen der Popkultur eines ganzen Jahrhunderts. „Ignorance of your culture is not considered cool“, hieß das Motto des Quartetts, das die Namen seiner Mitglieder bis heute nie preisgegeben hat, nur die von Kollaborateuren wie Fred Frith, Chris Cutler und dem verstorbenen Snakefinger.

Inzwischen sind The Residents nicht mehr auf dem eigenen Ralph-Label, sondern bei Mute/EMI Nachdem einige Klassiker wie das tolle „Commercial Album“ auf CD wiederveröffentlicht wurden, kommt jetzt das erste Majoralbum der obskursten Band aller Zeiten. Die vielen schwachen Werke der 90er Jahre haben einem leider jede Illusion genommen, auch die Live-Auftritte wurden von mal zu mal prätentiöser und humorloser. Nur noch einer der legendären Gründerväter sei dabei, heißt es. Egal, ob das nun stimmt oder nicht: „Animal Lover“ ist so brav „anspruchsvoll , so konsumierbar „originell“, dass es das Album mit Leichtigkeit in öffentlich-rechtliche Kulturmagazine wie „Aspekte“ schaffen wird. Die Musiker haben sich sogar bemüht, ein wenig an die frühen Werke anzuknüpfen – allerdings ohne irgendetwas weiterzuentwickeln.

Es geht um das Verhältnis zwischen Mensch und Tier, das Animalische im Menschen und die „Tierliebe“ an sich. Viele Sounds und Rhythmen stammen angeblich von den Geräuschen sich paarender Tiere. Wie provokant! Es gibt – neben dem typischen, nölenden Markenzeichen des Sprechgesangs – auch reichlich gut ausgebildete Stimmen zu hören, von Trompete, Violine und Harmonika nicht zu reden. Das lässt sich bei einem Glas Rotwein sicher gut hören – schön in den alten Ohrensessel gekuschelt. Und es liegt ja schließlich im Wesen der Avantgarde, dass sie irgendwann überholt wird. Doch wir wollen nicht zu streng sein: Immerhin ist ^4nimalLover“ die beste Residents-Platte der letzten 15 Jahre. Die Richtung stimmt also wieder.

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