The Soul Of The Hour :: Die unbeugsame Noise-Rock-Band zerlegt sich langsam selbst

Man muss sie unbeugsam nennen, mindestens aber stoisch. Gallon Drunk gehören seit 1988 zu Londons kreativsten Gitarrengruppen. Sie kennen keine Berührungsängste. Auf ihren Singles und Platten regiert der kontrollierte Exzess. Noise-Rock, Filmmusik, Blues, Punk, Jazz-Rhythmik -alles kein Problem, alles kein Widerspruch. „The Road Gets Darker From Here“ von 2012 verband noch einmal die Tugenden dieser famosen Band: den rohen Garagen-Sound und die funkensprühende Vitalität, legte aber schon im Titel den Verdacht nahe, dass sich die Gemüter des Quartetts noch weiter verfinstern würden.

„The Soul Of The Hour“ klingt nun über weite Strecken so, als hätten sich Gallon Drunk in einem Anfall von Weltekel selbst zerlegt. Allerdings, weil’s so schön ist, in Slowmotion. Gleich das erste Stück, „Before The Fire“, dauert über neun Minuten. Ein pathetisch ausgewalztes Unheilgrollen mit Gruselorgel, Boller-Drums und schiefem Getröte. In „The Dumb Room“ wird wieder geschabt und geholzt, geknüppelt und gefräst wie früher. Der Song evoziert jedoch keine wohligen Vintage-Schauer. Hier werden MC5 und die Stooges nicht bloß zitiert, sondern neue Aggressionen geschürt. „The Exit Sign“ hängt an einem einzigen bleiernen Riff, im Titelsong tuten Kriegsfanfaren und James Johnston brüllt so verzweifelt wie Gottes einsamster Mahner. Dagegen scheint „Dust In The Light“ eine Übung in Transzendenz zu sein, unüberhörbar von Nick Caves „Push The Sky Away“ beeinflusst.

Vielleicht der bessere Weg, als langsam zu implodieren und Jahr für Jahr die alte Erregungsrequisite zusammenzukleben. (Rough Trade) MAX GÖSCHE

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