The Walkabouts – Acetylene

Hey, Kids, Rock’n’Roll! Was kriecht denn da für ein fauchendes Monster heran, vor Zorn sprühend, laut und roh? Wer hätte denn so etwas erwartet von der Band aus Seattle, nach 21 Jahren Geschichte und 19 offiziellen Platten mit zuletzt doch meistens gesoftetem Schönklang? Garantiert nicht viele. Auch nicht der amerikanische Kriegsherr, dem man dieses flammende Fanal auf die Plus-Seite schreiben muß, immerhin. „Wir haben das Album im Vorfeld der letzten Präsidentschaftswahlen aufgenommen. Die Stimmung pendelte zwischen Wut und Frustration, während die Welt mit einem fröhlichen Grinsen zur Hölle zu fahren schien“, so Chris Eckman. Apokalypse, wow.

Dieses feurige Amalgam aus dringender Botschaft und dröhnenden Gitarren, aus Chris‘ grimmigem Knarzen und Carlas feinsinnigem Gesang, aus langsam pulsenden Rhythmen, distorteten Sounds und gleißender Energie ist ein Dokument seiner Entstehung und doch ‚weit mehr. Das Quintett rockt hier ganz bestimmt vor allem auf Bush komm ‚raus, großartige Songs wie „Fuck Your Fear“, „Kalashnikov“ oder „Have You Ever Seen The Morning?“ gefallen sich aber nicht nur als im Moment der akuten Erregung eingedoste Hitze. Und sie signalisieren keine „Selbstneuerfindung“ der Walkabouts, der alten SubPop-Recken, der „Settmg The Woods On Fire“-Brandstifter, jetzt nun mal wirklich nicht.

Nur damit niemand wieder was von bemüht und ausgedacht und Pseudo-Punk erzählt, wie damals beim ’94er-Grandiosum der Freunde von R.E.M., das an den Vorab-Erwartungen von Millionen Radiohörern zerbrach, sich aber unter dem Kopfhörer als Schatztruhe offenbarte — und mit ähnlicher Wucht wie viele Lieder von Acetylene“ daherkam. Um Angst geht es heute, um Verzweiflung und Empörung, um das Menetekel an der Wand. Nicht um flotte Lösungen und schnelle Antworten für die Gemeinde. Denn: „Nobody tells you where to go.“

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