Then Play On :: Ein schludrig überspielter Klassiker der britischen Phase der Band

Bei Fleetwood Mac konnte man spätestens seit Veröffentlichung von „Then Play On“ die Entwicklung einer multiplen Persönlichkeit diagnostizieren. Mit den ersten zwei LPs schon sehr erfolgreich, war sie mit „Albatross“, „Man Of The World“,“Oh Well“ und „The Green Manalishi“ gleich viermal in die englischen Top Ten gekommen. Da war zum anderen immer noch die Band, die ihren Blues-Anfängen längst nicht abgeschworen hatte. Folk-Elemente brachte der neue Gitarrist Danny Kirwan mit ein. Dann hörte man plötzlich auch möglicherweise drogeninduzierte, jedenfalls ziemlich atmosphärische Songs wie „Closing My Eyes“,“Underway“ und „My Dream“, die an Psychedelica erinnerten. Die Jamsession-Intermezzi schließlich steuerten John Mc-Vie und Mick Fleetwood bei.

Auf Platz sechs der amerikanischen Charts schaffte es „Then Play On“ im Oktober 1969 sofort. Alles deutete darauf hin, dass die Band auch auf dem Kontinent umgehend zu einer noch steileren Karriere als Pink Floyd, Free und andere angesagte englische Bands der Stunde abheben könnte. Mit seinen sieben Songs hatte sich Danny Kirwan bestens eingeführt. Bei den spektakulären Konzerten, die Fleetwood Mac in den kommenden Monaten gaben, war von irgendeinem Zerwürfnis zwischen Peter Green und Jeremy Spencer nichts zu spüren, im Gegenteil: Für jeden Fan von Elmore James, Muddy Waters, Howlin‘ Wolf und dem Chicago Blues waren seine lustvoll zelebrierten Slide-Orgien ein Erlebnis – und „Then Play On“ war so etwas wie Fleetwood Mac reloaded. Dass sich die Band bald schon wieder neu erfinden musste, ahnte zu dem Zeitpunkt niemand.

Das in Amerika produzierte CD-Remake des Albums war eine der übleren Missetaten in der Geschichte des Tonträgers. Wieso dafür eine von Vinylscheibe transferierte Kopie verwendet wurde, blieb jedenfalls ungeklärt. Die Frage, warum man für die jetzt mit Bonus-Tracks („Oh Well“,“The Green Manalishi“ und ‚“World in Harmony“) veröffentlichte Neuauflage nicht in Japan oder anderswo wenigstens nach Originalbändern oder guten Kopien derselben fahndete, stellte sich im Fleetwood-Mac-Lager offenbar niemand. Mick Fleetwood behauptete mal, das Mutterband sei in einem Schacht in der Londoner Metro archiviert worden!

So findet man jetzt die Vinyl-Artefakte der Erstauflage (Rillengeräusche, teils Brumm-und Abtastverzerrungen) auch hier wieder. Für Remixe standen anscheinend keine Multitrack-Tapes mehr zur Verfügung. Da tröstet es nur bedingt, dass wenigstens die drei anderen LPs in dem parallel veröffentlichten Vinyl-Box-Set „Fleetwood Mac 1969-1972“ besser remastered auftauchen als je zuvor auf CD. (Warner) FRANZ SCHÖLER

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