Third Eye Blind – Blue :: Zweiter Aufguss der nicht uneitlen amerikanischen College-Rocker
Die einen (Creed) suchen Gott, die anderen (Matchbox 20) die Liebe, und manche (Semisonic) möchten gerne U2 sein. Wo positioniert man sich nun, wenn ein Dutzend Modern-Rock-Bands darum bemüht ist, einzigartig zu sein – und doch einen eher geringen Wiedererkennungswert hat? Third Eye Blind entschieden sich anfangs für eine ungewöhnliche Methode. Mit erstaunlicher Arroganz hielt
sich Sänger Stephan Jenkins für den besten Songwriter seit Bob Dylan, mindestens. Wer behauptet, ein Superstar zu sein, wird schon einer werden. Das Debüt warf dann zwar auch Hits wie „Semi-Charmed Life“ ab, doch der Weltruhm reichte leider nur von Kalifornien bis New Yotk.
Die Leichtigkeit ging Third Eye Blind trotzdem nicht verloren, aber „Blue“ klingt doch nur wie ein zweiter Aufguss – von neuen Ideen keine Spur. Jenkins Affinität zu Frauenthemen resultiert in seltsamen Songs wie „Wounded“ oder „10 Days Late“, das von einer ungewollten Schwangerschaft erzählt Der Kinderchor im Hintergrund ist vielleicht etwas zu dick aufgetragen. Besser gelingen die Tracks, bei denen man förmlich das Cabrio sieht, aus dem sie demnächst dröhnen werden. Stringent vergleicht Jenkins in „Never Let You Go“ dann prompt eine Frau mit einem Sonnenbrand, anderswo schwärmt er von „1000 Julys“.
Da fällt plötzlich auch auf, dass Third Eye Blind das letzte Chili Peppers-Album sehr aufmerksam gehört haben müssen. Allerdings hätten Kiedis und Kollegen eine Ballade wie „Deep Inside Of You“ wahrscheinlich in den Papierkorb geworfen und den Rest dazu. Aber Third Eye Blind sind ja noch jung, nehmen keine Drogen und haben ein ganzes Leben vor sich. Vielleicht klappt’s beim nächsten Mal.