Tom Jessen’s Dimestore Outfit – Niqht :: Trocadero
Einige reifere Semester der Leserschaft erinnern sich vielleicht noch an die Nitecaps, jenes famose White-Soul-Quartett um den Ex-Richard Heil-Musiker Jahn Xavier, welches vor ziemlich genau 20 Jahren auf dem „Hot Pavement“ seiner New Yorker Heimat tanzte, als gäbe es kein Morgen. Was für die Band selbst leider zutraf.
Warum diese Reminiszenz? Weil es dieses Morgen natürlich doch gibt. Und weil es manchmal klingen muss wie „Night“: Die Nacht ist auf diesem Album kaum noch eine romantische Verheißung, eher schon eine Endlosschleife der Entfremdung, die um bohrende Zweifel, verkümmerte Sehnsüchte, natürlich enttäuschte Liebe kreist. Zumal in diesen tastenden, zehrenden Elegien, die „Exile“ und „Let The Night Be Long“ heißen und die Tom Jessen mit trockenem Bariton inbrünstig herunterbetet. Doch, das darf man sagen bei einem, der auch schon mal den „Holy Spirit“ beschwört.
Mit seinem zweiten Album macht der Mann aus Iowa, den man nach seinem Debüt „Redemption „dem weiteren Country-Umfeld zurechnen mochte, einen ebenso überraschenden wie überzeugenden Schritt in Richtung Urbana.
Sein Dimestore Outfit hat Jessen dafür fast komplett umbesetzt, Bläser vor allem dominieren nun einen Sound, der nach wie vor kaum Effekte heischen muss. Bläser, die Sternschnuppen gleich hell am Firmament zucken oder sich subtilst bedeckt halten, etwa im delikat arrangierten Zwiegespräch mit den Celli in „Let Me Let“ (noch so eine Elegie).
„I’ve got a straight jacket on the tip of my tongue“, singt Jessen zwar zum Auftakt von „All Those Treasure Daggers“. Doch seine Texte kennen keine Zwangsjacke, nur einen Haufen zwingender Bilder. Wie etwa das letzte von „Sunday Night Black“, das so geht: „It feels like my ehest has collapsed into this gaping hole and the universe is flying through it like a jet.“ Da bleibt schlussendlich nur eins: „Let It Go“.
Apropos: Ist “ Go To The Line“, das Nitecaps-Album von 1982, eigentlich schon wiederveröffentlicht worden? Wenn nicht, wird’s Zeit.