Tom Jessens Dimestore Outfit – Redemption

Ja, genau, stell die Pedal Steel da rüber, die Zeitungen kannst du wegnehmen. Okay, Darren, gib mal das Bier rüber. Das Schlagzeug, ja, dahin, neben den Schaukelstuhl. Eric, kann losgehen. Stöpsel mal die Gitarre ein. Danke, Darren. Jungs, jetzt können wir jammen. Wir beginnen ganz langsam und verschlurft, die Pedal Steel muss wimmern, so als würden wir mit dem Chevy durch die Kornfelder fahren, ungefähr wie der alte Typ auf dem Rasenmäher in diesem Film von dem Lynch. Holzhütten, Strommasten in der Einsamkeit, Mittlerer Westen eben. Dazu kommt später eine Begräbnisblaskapelle. Damit es nicht zu gemütlich wird, rocken wir dann ’ne Runde. So richtig schön rustikaler Aufgalopp. Aber dann machen wir was mit der Pedal Steel, das Schlagzeug wischt nur, die Gitarre getragen. ,Some Other Day‘ nenn ich das Stück. Gib doch mal das Wurstbrotpapier mit den Texten rüber! Genau, das. Nuff said. Let’s go.“

So geschah es in der Hütte von Tom Jessen an einem Abend des Jahres 1995. Jessen brummelte kehlig und sehnsüchtig, seine Freunde klampften zum Steinerweichen. Als sie fertig waren, betranken sie sich in der Dämmerung. Ein Hund bellte, ein Auto fuhr klappernd vorbei. Als die Freunde heimgefahren waren, brachte Tom die Aufnahmen in ein Studio, ließ eine CD pressen. Doch keine Firma wollte sie herausbringen, denn es war Amerika, und da spielt jede Band beim Barbeque solche Musik. Wer soll das alles kaufen? Tom war traurig und hämmerte einen neuen Lattenzaun um sein bescheidenes Anwesen.

Viel später fuhrt der Deutsche Rüdiger Ladwig, Eigner eines Plattenlabels, in einem gemieteten Lexus an Toms Hütte vor. Bei der großen Musikmesse in Austin hatte ihm jemand die Adresse auf ein Programmheft gekritzelt, als Jim Hefty & The Heftones gerade in die vierte Stunde gingen. Ladwig verstand, setzte seinen Cowboyhut auf und machte sich auf den weiten Weg von Texas nach Iowa. Tom war schon ganz alt geworden, hatte aber nie die Hoffnung verloren. „Howdy!“ rief er, als der Deutsche scheppernd gegen eine Mülltonne steuerte. Die beiden Männer sprachen über Hank Williams, tranken ein kühles Bier und schauten in die Landschaft. Ein Koyote bellte. Die Männer verabschiedeten sich mit einem kräftigen Händedruck. Vorsichtig brachte Ladwig die gekauften Aufnahmen nach Hause. Er rechnete aus, wie viele Platten er verkaufen musste, um Tom die Dollars zu überweisen. Naja, wird nicht ganz reichen, dachte er.

Auf dem Weg nach Bochum las er einen von Toms Texten: „Can you see the lights Coming up this town is ours for taking/ The people back there they were going nowhere the town was shitforsaken/ So come on Judy, you know I love you truly/ You’re driving my car and I’m playing your guitar/ Singing country music to you all day long.“ Ladwig fuhr an die Raststätte und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln.

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