Tom Morello: The Nightwatchman – The Fabled City :: Mythisch-sinisterer Arbeiteragitations-Folk, Teil zwei
Zum zweiten Mal schlüpft Tom Morello in die Rolle des Nightwatchman. Aber weil es beim letzten Mal offenbar zu wenige gemerkt und folglich gekauft haben, setzt er nun doch seinen Klarnamen davor, auf dass die Strahlkraft der musikalischen Großtaten von Rage Against The Machine und Audioslave auch sein Solowerk in mildes Licht taucht. Sicher ist sicher. Aber man darf sich nicht täuschen lassen, es ist hier wieder der Moritaten-Sänger und Arbeiteragitations-Folkie in der guten alten Woody-Guthrie-Tradition, der zur, selbstredend, akustischen Gitarre greift.
„The Fabled City“ durchwabert eine mythisch-sinistre Atmosphäre, die Morello selbst gern in die Nähe des akustischen Springsteen von „The Ghost Of Tomjoad“ rücken möchte, die vielleicht aber doch eher an Nick Caves Mordballaden und, horribile dictu, an den Achim Reiche! der „Blues iti Blond“-Zeit gemahnt. Das Gros des Materials bilden rudimentär instrumentierte, auf der Akustikgitarre basierende, nur mit hintergründigem Piano oder einem Violinen-Fill vertiefte Folk-Elegien, die ihre Überzeugungskraft vor allem aus seinem pathetisch-bedeutungsschwangeren Sprechgesang beziehen müssen. Nicht immer gelingt das eindrucksvoll. „Midnight In The City Of Destruetion“ und „Rise To Power“ etwa sind zu wenig durchgearbeitet. Nah am Verstummen und ohne jede melodische Führung wankt Morellos Stimme durch den Song, als wüsste er selbst nicht so recht. Und wenn er es schon nicht weiß… Aber wenn er in „Lazarus On Down“ mit brüchiger Stimme und liquidem Slowpicking die Leiche zur Auferstehung ermuntert („Corac on let’s push on through, let’s go around“) unterstützt von seinem Kollegen Serj Tankian (System Of A Down), der aus der Ferne emphatisch mitheult, dann hat das genau diese Balance aus artifiziellem Schönklang und Erdenschwere, die aus Melodram und Edelschmodder eine Beschwörung macht.
Dass Morello mal als Crossover-Schlachtross angefangen hat, mag man da kaum glauben; aber dass diese Songs so ganz ohne den alten Nimbus auskommen, eben auch nicht. Er selbst hat da ja ebenfalls seine Zweifel.