Townes Van Zandt – In The Beginning

Kaum bekannte frühe Aufnahmen des großen Songschreibers

I „For The Sake Of The Song“

1968 das Debüt von Townes Van Zandt und 1977 das schon 1973 aufgezeichnete „Live At The Old Quarter“ sein erster Konzertmitschnitt. Ersteres stimmt (bedingt), Letzteres nicht Der Texas-Troubadour mag zwar ein hoffnungsloser Alkoholiker gewesen sein, aber sein Langzeitgedächtnis funktionierte trotzdem prima. Vergessen hatte er nie, dass sein erster Auftritt in der Carnegie Hall mitgeschnitten worden war und von seinen ersten Studioaufnahmen irgendwo die Bänder existieren mussten. Mittlerweile sind die alle auch publik.

Der knapp 40-minütige Auftritt vom 26. November 1969, von Poppy nie veröffentlicht und nach deren Pleite in den Tiefen des Capitol-Archivs jahrzehntelang verschwunden, war auch insofern denkwürdig, als hier politisch garstige Lieder den Rahmen bildeten. Nämlich eine im Pathos wunderbar zurückgenommene, lakonisch vorgetragene Deutung der „Ballad Of Ira Hayes“ als Finale. Und statt mit dem „Talking Thunderbird Wine Blues“ zu beginnen, wie zunächst geplant, sang er den „Talking KKK Blues“. Die Satire auf die politischen Befindlichkeiten des white trash der Südstaaten, die er merkwürdigerweise nie mehr aufnehmen sollte. „A Gentle Evening With Townes Van Zandt“ (Dualtone/EM USA, 3,5) – aufgenommen, als er 25 und wirklich kein ausgebrannter Fall war – ist ein entschieden weniger schmerzendes Tondokument als so manche der gegen Ende seines Lebens oder posthum veröffentlichten Mitschnitte.

Das für all seine Bewunderer allerdings noch um einiges faszinierende Teil dürften die ersten, 1966 von Jack Clement in Nashville produzierten Aufnahmen sein, die erstmals auf „In The Beginning…“ vorliegen. Das sind keine Demos im üblichen Verständnis, sondern voll professionelle Sessions. Vermittelt hatte das Mickey Newbury, damals wohl sein glühendster Verehrer, der in dem Kollegen ein ganz großes Talent sah. Der relativ konventionellste der zehn Songs hier ist „Black Jack Mama“, der mit seiner erotischen Blues-Metaphorik an Vorbilder wie Bukka White und Blind Lemon Jefferson erinnert. Der aller Fleischeslust nicht abgeneigte Teenager TVZ als gelehriger Schüler mit fersen wie „Big blonde mama, lord. apartment 213/ Moves like a cobra snake and she treats me like a king/ Roll me over easy mama, roll me over slow/ Do your best to please me, lord/And I’m bound to take you with me when I go.“ Frömmigkeit und Wollust.

Aber da klang in anderen Songs auch schon diese zutiefst pessimistische Lebenssicht an, die später so vieles prägen sollte. Einerseits ist er da der Optimist, der (in „When Your Dream Lovers Die“) behauptet: „When your sky Starts to tumble and your rhymes statt to lose/ The meaning so tenderly given/ When all your dreams lie down and die at your shoes/ You can turn to me tbr livin‘.“ Aber auch der um ein formloses Begräbnis bittende Poet von „Black Crow Blues“ mit den Versen „Babe, don’t lie lonesome after I’m gone/ Don’t mourn your young life awayl Just lower me down with a prayer and a song/Just ‚fore the breaking of day“. Für einen 18-Jährigen eher ungewöhnliche Songpoesie.

Für mehr als die Hälfte dieser frühen Lieder hätte man ihn später reichlich gepriesen. Aufgenommen hat er sie nie mehr. Einer der besten: der „Big Country Blues“, das Geständnis eines loner, das mit Versen wie „Fve seen men come out of gutters, ready to give their lives away/ For a slug at a lousy bottle of rot gut wine“ an Dylans „Only A Hobo“ gemahnt Niemand scheint auch nur die blasseste Ahnung zu haben, wer Townes damals bei einigen der Aufnahmen begleitete, nicht sein langjähriger Manager (der die Liner Notes beisteuerte) und auch nicht Produzent Clement, aus dessen Archiv man die jetzt ausgrub. Angaben zu Personal, Ort und Zeitpunkt der Aufnahmen fehlen gänzlich. Macht aber auch nichts. Die solo aufgenommenen Songs waren ja ohnehin die besten.

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