
Wer einen Rausch erleben will, muss Kontrolle gegen Hingabe eintauschen. Tristan Brusch gelingt das – und noch sehr viel mehr: Er gibt den emotions-eloquenten Herzens-Hasardeur, der zwischen blinder Exzess-Euphorie und dem unaufhaltsamen Aufprall oszilliert. „Am Wahn“ dokumentiert die unheilvoll ekstatischen Kapriolen einer hypertoxischen Beziehung, ohne den Fehler zu begehen, jeden Winkel ausleuchten zu wollen. Die Faszination dieser elf Stücke liegt in den himmelhohen Zufluchtsorten zwischen den Zeilen. Sie umgarnen die sinistre Illusion („Mirage“), umarmen die Scherben („Kein Problem“, ein hinreißendes Duett mit Annett Louisan).
Die Faszination dieser elf Stücke liegt in den himmelhohen Zufluchtsorten zwischen den Zeilen
Brusch wagt noch mehr Chanson („Wieder eine Nacht“), zückt Gospel-Referenzen („Oh, Lord“), rekonstruiert den Verfall des Verfallens. Die berückenden Streicherarrangements, ebenso empathisch wie erbarmungslos, der Mut zu Schwelgerei und großer Geste und die erneut herausragende Produktion von Tim Tautorat lassen an Serge Gainsbourg, Jacques Brel, Scott Walker oder Lee Hazlewood denken. Wahnsinnig gut!
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