Vetiver :: The Errant Charm

Sparsam arrangierter, gefälliger Folk-Pop von Andy Cabic

Andy Cabic war die Seele eines Genres, das man vor ein paar Jahren mal „Freak Folk“ nannte (zumindest von der Westküsten-Variante). Er ist Hüter einer großen Musiksammlung mit obskuren Platten teilweise längst vergessener Songwriter. Einige davon coverte er auf „Thing Of The Past“, dem vielleicht schönsten Album seiner Band Vetiver. Schönheit scheint ihm eh ein wichtiges Kriterium zu sein, von Platte zu Platte wird seine Musik gefälliger, werden die Arrangements süffiger und die Psychedelik milder.

Auf „The Errant Charm“ hat Cabic seinen Folk-Pop nun sparsam mit artifiziellen Elementen angereichert – die akustischen Gitarren klingen manchmal sphärisch ambientesk, Synthesizer flirren, drum machines pochen. Das erinnert stellenweise an „Fields“, das erste Album von José Gonzales‘ Junip aus dem letzten Jahr, und an Durutti Column, die Cabic zu seinen Favoriten zählt. Aber auch Fleetwood Mac und den soften Tom Petty der späten Achtziger kann man heraushören. Und eigentlich haben Cabics Songs ja schon immer davon gelebt, dass man in ihnen etwas anderes wiedererkannte. „The Errant Charm“ ist eine weitere warme, flüchtige Erinnerung. (Bella Union/Cooperative) Maik Brüggemeyer

Beste Songs: „It’s Beyond Me“, „Wonder Why“

Ty Segall **¿

Goodbye Bread

Der Retro-Rock des talentierten Kaliforniers ist zu abgegriffen.

Ty Segall hat seit 2008 sechs Alben und acht Singles veröffentlicht, einige davon ausschließlich auf Vinyl und Kassette. Er hat Songs von Captain Beefheart gecovert, von T. Rex und Roy Orbison: schnell, laut, schlampig. Für „Goodbye Bread“ hat sich der 23-jährige LoFi-Songwriter aus Kalifornien nun einmal ganze sechs Monate Zeit gelassen. Es ist also nicht ganz der rotzige Homerecording-Schnellschuss geworden wie seine früheren Releases, auf denen sich sein Talent wegen des reichlichen Füllmaterials nur angedeutet hat.

Auf „Goodbye Bread“ tritt das wütende Punk-Kid ein Stück weit vor die fiepende Kulisse seines neo-psychedelischen Garagen-Rock. Dabei wird umso deutlicher, dass es nurmehr abgegriffene Rock’n’Roll- und R&B-Standards sind, die Ty Segall durch den Verzerrer jagt. „You Make The Sun Fry“ klingt glatt wie ein verschollener Lennon-Song – und überhaupt tönt so einiges nach verkrachten Beatles in ihrer LSD-Phase oder den frühen Kinks.

So ist es wohl die vage Aussicht auf Retro-Geniestreiche, die den Label-Wanderer Ty Segall zu Drag City gespült hat. Aktuell ist er von der Klasse eines Jon Spencer oder der Black Lips noch meilenweit entfernt. (Rough Trade) Christoph Dorner

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