W.E.

Die Queen of Pop verhebt sich an einem Beziehungsdrama mit royaler Note. Aber immerhin sieht alles fantastisch aus

Abbie Cornish, James D’Arcy

Regie: Madonna Start: 21.6.

Madonna spielt seit 30 Jahren erfolgreich Madonna. Sie ist dabei immer zugleich ihre eigene Regisseurin gewesen, hat alle ästhetischen Wandlungen inszeniert. Dass sie für ihre Bühnenshows und Videos keine große Schauspielerin sein musste – geschenkt. Da ging es um Ästhetisierung, nicht um Verwandlung.

Ihr Schauspieltalent stieß dann bei ihren Filmauftritten auch sehr schnell an eine Grenze. Immerhin, für „Susan, verzweifelt gesucht“ bekam sie ein paar positive Erwähnungen, für die Hauptrolle in der Musical-Verfilmung „Evita“ gar den Golden Globe – aber demgegenüber stehen zahlreiche Flops und Misserfolge. „Swept Away“ unter der Regie ihres damaligen Ehemanns Ritchie wurde 2002 für beide zum Tiefpunkt. Seither hat Madonna jeden Filmauftritt gemieden. 2008 versuchte sie sich mit ihrem Regiedebüt „Filth And Wisdom“ erstmals hinter der Kamera – eine belanglose Fingerübung. Die neue Regiearbeit, „W.E.“, aber ist bereits als großer Wurf gedacht. Mit einigen recht bekannten Darstellern besetzt, opulenter Ausstattung und ambitionierter Bildgestaltung.

Es geht um Wallis Simpson, die bürgerliche Amerikanerin, für die Edward VIII. 1936 nach einem Jahr als britischer König auf die Krone verzichtete. Ein Spiel um Liebe und Macht also. Und mittendrin eine emanzipierte Frau. Klingt nach Madonna irgendwie. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn die Lovestory von Wallis (Andrea Riseborough) und Edward (James D’Arcy) haben Madonna und ihr Co-Autor Alek Keshishian mit der Geschichte der jungen Wally (Abbie Cornish) verwoben. Die spielt 60 Jahre später in New York. Wally ist ziemlich unglücklich mit dem wohlhabenden Therapeuten William (Richard Coyle) verheiratet, der sie kaum beachtet, zu viel säuft und sie gar schlägt. Da kommen die Jungmädchenträume zurück: Sie sehnt sich nach einer Liebe, größer als ein Königreich, wie Wallis und Edward sie hatten.

Schließlich besucht sie das Auktionshaus Sotheby’s, wo der Nachlass des Windsor-Skandalpaares versteigert werden soll. Dort will sie hinter das Geheimnis dieser Jahrhundertliebe kommen, stellt aber natürlich fest, dass längst nicht alles so rosig war, wie sie es sich ausgemalt hat. Die britische Presse und das Volk haben Wallis schließlich nie verziehen, dass sie ihnen den König geklaut hat. Gut, das vermeintliche Traumpaar hat mit den Nazis sympathisiert und Wallis soll gar eine Liebelei mit dem deutschen Außenminister Joachim von Ribbentrop gehabt haben, aber das wird von Wally/Madonna gleich heruntergespielt: „Sie waren vielleicht naiv, aber sie waren ganz sicher keine Nazis.“ Wäre auch schwierig gewesen, diesem historischen Umstand noch Rechnung zu tragen, da es der Regisseurin eh schon unmöglich scheint, die Leben von Wallis und Wally wie parallele Schicksale zu montieren (wo hätte man 1998 in New York Nazis herbekommen sollen? Damals sprach man noch nicht mal von der al-Qaida!).

Die Historie ist also ganz sicher nicht Madonnas Stärke, wohl aber die Ästhetik. „W.E.“ sieht einfach fabelhaft aus. Manche Szenen scheinen von mondänen Modemagazinen inspiriert zu sein. Nach seiner Abdankungsrede gibt Edward eine Party, man schaut einen alten Chaplin-Film, und der Ex-König bittet Wallis zum Tanz. Und da erklingt plötzlich „Pretty Vacant“ von den Sex Pistols. Wir sehen also Chaplin von 1916 auf der Leinwand (in Schwarz-Weiß), das Königspaar 1936 auf der Tanzfläche (in Farbe) und hören den Punk von 1977 im Soundtrack. Historisch ergibt das alles überhaupt keinen Sinn, doch von dieser Szene geht eine Magie aus wie von einem gut gesetzten Sample in einem Madonna -Song.

Filmfacts

Abbie Cornish

Schauspielerin, Australien

Geboren 1982 in Newcastle, New South Wales, debütierte Abbie Cornish mit 15 in der Serie „Children’s Hospital“. Mit dem preisgekrönten Pubertäts-Drama „Sommersault“ (2004) und dem Junkie-Melodram „Candy“ (2006) erreichte sie internationale Aufmerksamkeit. Zuletzt war sie in Neil Burgers Psycho-Thriller „Ohne Limit“ und der Comic-Phantasmagorie „Sucker Punch“ zu sehen.

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