Warren Zevon – Excitable Boy/Stand In The Fire/The Envoy
Nach seinem beinahe romantischen Debüt von 1976 zeigte der Gentleman auf „Excitable Boy“ seine Krallen. Die Moritat vom Söldner in Afrika, „Roland The Headless Thompson Gunner“, wurde sein zynischster Song, dicht gefolgt vom blutrünstigen „Excitable Boy“, den „Werewolves Of London“ und der Saga von „Lawyers, Guns And Money“. Warren Zevon schoss mit Vitriol, das Personal um Waddy Wachtel und David Lindley spielte den schönsten, launigsten Westcoast-Rock, zu Piano und Slide Guitar gesellten sich Background-Sängerinnen und Saxofon. „Werewolves“ wurde Zevons einziger Hit, in Martin Scorseses „Color Of Monev“ zitiert.
Die für den Songschreiber typischen bittersüßen Balladen gerieten hier nicht ganz so sentimental wie „Hasten Down The Wind“ oder „Carmelita“, aber umso schmerzlicher: „Accidentally Like A Martyr“ und „Tenderness On The Block“ sind
beinahe masochistische Bekenntnisse. „Nighttime In the Switching Yard“ ist brillant und knallhart gespielter Funk – ein immer überhörtes Meisterstück. Der Ausruf „Draw blood!“ in „Werewolves“ gilt für die gesamte Platte, die Zevons bekannteste und erfolgreichste blieb. Drei Songs und eine alternative Version der Werwölfe sind dieser Edition hinzugefügt worden.
Erstmals überhaupt auf CD wird „Stand In The Fire“ (1981, 3,5) veröffentlicht, das Konzert im Roxy, Los Angeles. Zevon gab den wüsten Rocker und machte mit“Jeannie Needs A Shooter“, „Excitable Boy“, „Poor Poor Pitiful Me“, „I’ll Sleep When I’m Dead“ keine Gefangenen; Zugaben: „Bo Diddley’s A Gunslinger/Bo Diddley“. Zwei LP-Seiten waren natürlich zu knapp für den exzessiven Reigen – nun gibt es immerhin „Johnny Strikes Up The Band“, „Play It All Night Long“, „Frank And Jesse James“ und „Hasten Down The Wind“ zusätzlich.
Auch „The Envoy“ (1982, 3,0) war niemals auf CD erschienen und ist das Stiefkind unter Zevons Alben. Schon bei „Bad Luck, Streak At Dancing School“ war der Songschreiber nicht ganz bei sich – jetzt bollerte er mit „The Envoy“ und „The Overdraft“ gegen den amerikanischen Imperialismus. „The Hula Hula Boys“ und der Kinderlied-Lebensratschlag „Let Nothing Come Between You“ sind die lustigsten und gelungensten Stücke; „Looking For The Next Best Thing“ ist bloß das eingängigste. Neben Jesus Mentioned“ stiftet „Never Too Late For Love“ die gefühligen Momente. Die schludrige Version von „Wild Thing“ (unter den Outtakes) hätte das Album nicht gerettet.
Auf dem gestellten Coverfoto ist Zevon mit Aktentasche und Mantel überm Arm businessmäßig auf dem Weg zum Flieger zu sehen. Tatsächlich verschwand er für ein Sabbatical und kehrte – schon totgeglaubt – erst 1987 zurück, dann aber mit dem großartigen „Sentimental Hygiene“. Demnächst erscheint übrigens eine Sammlung mit Raritäten aus dem Nachlass des zweitbesten Ironikers unter Amerikas Songschreibern.