William Shatner Ponder The Mystery :: Nur noch sehr, sehr selten gibt es Platten, die so schaurig sind, dass sie schon wieder gut sind. Umso besser, dass William Shatner mit seiner anscheinend untrüglichen Nase für Peinlichkeit, Pathos und Prog Rock ein solch rares Kunstwerk gelungen ist: „Ponder The Mystery“ vereint die unerträglichsten aller Gitarrengegniedel, die widerlichsten aller Synthie-Sounds und die salbungsvollsten aller Sermons zu einem neuen, erstaunlicherweise unterhaltsamen Eso-Mix aus Autosuggestions-CD und Yes-meets-Queen-Sound auf der Höhe ihres Schaffens. Was einerseits an den vielen Kollegen liegt, die Shatners „Spoken Words“ mit kiloweise Synthie, Drums und Gitarren vertonten und cheesy Prog-Rock-Backgroundchöre beisteuerten: Rick Wakeman ist Yes-Haudegen, Billy Sherwood ist Yes-Nachwuchs, Stunt-Gitarrist Steve Vai ist der David Copperfield des „Impossible Guitar Solo“. Daneben Robby Krieger (The Doors), Al Di Meola, Mick Jones und so weiter, ein ganzes ledernes Notizbuch voller Namen und Frisuren.

Andererseits bringt es natürlich Shatners eigene, leicht angefettete Schauspielerstimme auf den Punkt, bei der ein sicht-und hörbar breiter Brustton der Überzeugung mitschwingt, wenn er seine merkwürdigen, küchenphilosophischen Preziosen zum Besten gibt:“What is true, and what is alive?““A child’s love, a man’s cruelty“,“The uselessness of envy/ The solitude of selfishness“,“The light begins to change/As all things change“ und was dergleichen Poesiealbumsprüche für Erwachsene und Bestager mehr sind: Captain Kirk ist heute 82, da passt erstens die Musikrichtung AOR („Adult Orientated Rock“), und zweitens kann man sich in dem Alter schon mal Gedanken über das Nichts und das Alles machen. Über das All, das man jahrelang virtuell bereiste, sowieso. (Wobei unbedingt gleich wieder zu vergessen ist, dass ausgerechnet Shatner angeblich just eine echte Reise ins All abgesagt hat, aus Flugangst!)

Doch sieht man den rüstigen Rezitator auf dem Cover stehen, die Sonne strahlt hinter ihm in die Kamera, die Hände sind locker gefaltet (und wurde die Schrifttype vom Titel nicht Ende der 70er-Jahre verboten?), ist man absolut versöhnt. Vielleicht sollte auch die erste, 1968 erschienene Spoken-Word-Platte des „Star Trek“-Stars, deren Stück „Lucy In The Sky With Diamonds“ einst zum schlechtesten Beatles-Cover aller Zeiten gewählt wurde, unter diesen Gesichtspunkten noch mal neu bewertet werden. Und wer Shatners ernst gemeinter Salbaderlyrik tatsächlich sonst nichts abgewinnen kann: Es ist nicht auszuschließen, dass hoffnungslosen, altersbedingten Glatzenfällen beim Hören der CD neue, lange Haare wachsen. Alles eventuell nur eine Frage der Autosuggestion.

(Cleopatra/H’Art)

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